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Der Heilige in Ekstase

Franziskus-Ikonographie in der Zeit des Barock

Der Heilige in Ekstase
Auch im 16. und 17. Jahrhundert zählte Franziskus zu den bevorzugt dargestellten Heiligen. Allerdings wandelten sich unter dem Eindruck der katholischen Reform Inhalte und Darstellungsformen.

Die im Mittelalter so beliebten Anekdoten wie die Vogelpredigt traten im Barock zugunsten von Darstellungen der unmittelbaren Gotteserfahrung zurück. Die mystische Größe des Heiligen stand im Mittelpunkt und führte zu neuen Bildformulierungen. Zum Teil wurden dafür Bildmotive aus vorreformatorischer Zeit aktiviert (so der unter dem Kreuz kniende Franziskus) – allerdings gänzlich neu interpretiert und emotional aufgeladen. Beliebte Themen waren auch die Verehrung des Jesuskindes und die Stigmatisa-tion, deren visionärer Charakter betont wurde.

An neuen Bildthemen kamen unter anderem die Ekstase des Franziskus und seine Tröstung durch einen musizierenden Engel hinzu. Die Wundmale und das Buch blieben nicht die einzigen Attribute. Sie wurden ergänzt durch Totenschädel und Kruzifix. Das vorrangig auf die vita contemplativa des Heiligen abgestellte Themenspektrum gestalteten die großen Meister der Barockzeit – allen voran Caravaggio, Pietro da Cortona, Peter Paul Rubens, Anthonis van Dyck und Georges de la Tour – in ihren Werken aus.

Auf Georges de la Tour (1593–1652) geht das Gemälde mit der Ek‧stase des heiligen Franziskus zurück, das sich in einer sehr qualitätvollen zeitgenössischen Kopie der Jahre 1645/1650 im Musée de Tessé in Le Mans erhalten hat. Der Künstler konzentriert sich ganz auf die groß ins Bild gerückten Figuren, die sich im Licht einer Kerze, welche die Szenerie spärlich erhellt, nur teilweise aus dem mystischen Dunkel des Raumes lösen. Der Künstler stellt nicht Ekstase als Ausdruck eines sich im Irdischen entäußernden metaphysischen Vorgangs dar, sondern der Heilige scheint sich – den Totenschädel im Schoß haltend – ganz seiner inneren Vision hinzugeben. Ihm gegenüber ist Bruder Leo im Gebet zu sehen. Hell angestrahlt vom Kerzenschein, bezieht er den Betrachter in die Bildwelt ein, während der zur Seite gesunkene Heilige, obschon näher an die vordere Bildkante gerückt, in seiner Verzückung unerreichbar bleibt. Die Deutung der Vision als eines nach innen gerichteten Vorgangs mutet geradezu modern an, die Reduktion der Mittel und der Verzicht auf jede allegorische Überhöhung und alles himmlische Personal sind es nicht minder.

Prof. Dr. Christoph Stiegemann

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