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„Der König, unser böser Nachbar“

Maria Theresia und Friedrich II. von Preußen

„Der König, unser böser Nachbar“
Die Wurzeln der österreichisch-preußischen “Erbfeindschaft” reichen bis 1740 zurück, als Friedrich unerwartet das habsburgische Schlesien besetzte. Damit begründete er nicht nur Preußens Großmachtstellung, sondern riß auch jene tiefe Kluft zwischen der Habsburgermonarchie und dem Hohenzollernstaat auf, die das europäische Staatensystem bis ins 19. Jahrhunderts prägen sollte.

1740 hatte Österreich sein “Heldenzeitalter”, das mit der Niederlage der Türken vor Wien 1683 und der erfolgreichen habsburgischen Gegenoffensive so vielversprechend begonnen hatte, bereits hinter sich. Aus der Konkursmasse der spanischen Cousins hat sich der österreichische Zweig der Habsburger nach blutigem Ringen 1714 noch Zugewinn in Italien und im Benelux-Raum sichern können. Um 1720 war dann ein Höchststand an territorialer Ausdehnung erreicht, der den Verantwortungsträgern in Wien mehr Kopfzerbrechen als Freude bereiten mußte, überforderte er doch im Grunde das althergebrachte politische System der Habsburger, das Neuerworbenes nie wirklich in ein Ganzes integrierte, sondern nur lose an das Vorhandene anreihte. Von nun an ging es bergab.

Unter der prächtigen Barockfassade der “monarchia austriaca” Karls VI. (1711–1740) war, ganz abgesehen von der gähnenden Leere in den Staatskassen, ein anderes Defizit für jedermann offensichtlich: Karl blieb lange Jahre kinderlos. Die Pragmatische Sanktion von 1713 sollte daher sicherstellen, daß in Ermangelung eines männlichen Erben notfalls auch etwaige Töchter des Kaiserpaares die ungeteilte Nachfolge in der Habsburgermonarchie würden antreten können. Erst 1717 schuf die Geburt der Erzherzogin Maria Theresia für diese “Sparversion” die faktische Grundlage. Karls Regierungszeit war fortan geprägt von dem Bemühen, internationale Garantien für die Nachfolge Maria Theresias zu sammeln, und überschattet von schweren außenpolitisch-militärischen Rückschlägen in den 1730er Jahren. Als Karl VI. im Oktober 1740 überraschend starb, hinterließ er die Monarchie geschwächt und seine Tochter und Erbin unvorbereitet, “von Geld, Truppen und Rat entblößet”, so charakterisierte sie später selbst ihre trostlose Lage bei Herrschaftsantritt.

Daß die papierenen Zusagen der europäischen Mächte plötzlich nichts mehr galten, konnte niemanden wirklich überraschen. Kaum war mit Karl der letzte männliche Habsburger tot, meldeten die Kurfürsten von Bayern und Sachsen – beide waren mit habsburgischen Prinzessinnen verheiratet – Ansprüche auf das Erbe an. Dazu gesellten sich revisionistische Absichten der spanischen Bourbonen in Italien, und im Hintergrund lauerte Frankreich auf seine Chance. Was Wien wirklich unvorbereitet traf, war der Einmarsch des jungen Preußenkönigs Friedrich II. in Schlesien im Dezember 1740. Gewiß waren die Beziehungen zwischen der Habsburgermonarchie und Brandenburg-Preußen nie ganz spannungsfrei gewesen. Alles in allem aber glaubte die österreichische Diplomatie doch auf die Loyalität, ja Dankbarkeit der Hohenzollern rechnen zu dürfen. Wien hatte 1701 gegen militärisch-politische Unterstützung der Selbstkrönung des Kurfürsten von Brandenburg zum König von Preußen zugestimmt, Karl VI. sich in den schwärzesten Stunden des Vater-Sohn-Konflikts zwischen Friedrich Wilhelm I. und Kronprinz Friedrich höchstpersönlich für letzteren verwendet. Dankbarkeit freilich war nie eine politische Kategorie.

Ungeachtet des drohenden Mehrfrontenkriegs lehnte Maria Theresia Friedrichs zynisches Angebot ab, ihr für die kampflose Überlassung der wirtschaftlich und strategisch gleichermaßen bedeutenden Provinz Schlesien gegen ihre übrigen Feinde beizuspringen, und trieb den Preußenkönig so in das französisch-bayerisch-sächsische Lager.

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Am grünen Tisch teilten die Österreichgegner bereits die Habsburgermonarchie unter sich auf. Wenig schien gegen eine baldige Umsetzung dieser Territorialrochaden zu sprechen, als schließlich auch Bayern, Franzosen und Sachsen in Österreich und Böhmen eindrangen. Karl Albrecht von Bayern konnte sich sogar in Prag zum König von Böhmen krönen lassen, Anfang 1742 wurde der Wittelsbacher auch zum Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches gewählt. Erstmals seit mehr als 300 Jahren wurde damit die habsburgische Kaiserreihe unterbrochen. Daß Preußen ein unsicherer Kantonist war, bekam allerdings auch das Lager der Österreichgegner rasch zu spüren. Friedrich ließ seine Verbündeten ohne Bedenken im Stich, sobald es in sein Konzept paßte, und schaltete sich wieder in die Kampfhandlungen ein, wenn er es für zweckdienlich hielt. In zwei Kriegen (1740–42, 1744/45) schlug er die Österreicher friedensreif. Am Ende stand zu Maria Theresias “größtem Herzeleid” die Abtretung fast ganz Schlesiens und der Grafschaft Glatz an Friedrich. Immerhin: Die Pausen im Kampf mit Preußen erlaubten den Österreichern, Bayern und Franzosen aus Böhmen und den Wittelsbacher Kaiser sogar aus seinen Stammlanden zu verjagen. 1745 wurde mit der Wahl von Maria Theresias Gemahl, Franz Stephan von Lothringen, zum neuen Kaiser eine böse Scharte ausgewetzt…

Dr. Michael Hochedlinger

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