Als sich die Nachricht vom Mordanschlag in Sarajevo in den führenden Kreisen der Habsburgermonarchie herumsprach, herrschte weithin Bestürzung über den Schlag, der damit dem Ansehen Österreich-Ungarns versetzt worden war. Tiefe Trauer über den gewaltsamen Tod des Thronfolgers empfanden aber die wenigsten. Zu unbeliebt hatte sich Erzherzog Franz Ferdinand in den vorangegangenen Jahren unter den Eliten der Donaumonarchie gemacht, und zu unpopulär war er in der Öffentlichkeit, als dass wirkliches Mitgefühl mit dem Ermordeten hätte aufkommen können.
Der Parlamentarier und Rechtswissenschaftler Josef Redlich, dessen Tagebuch interessante Einblicke in Gesprächsthemen und Denkmuster in den politischen Zirkeln Wiens bietet, notierte am Nachmittag des 28. Juni 1914, wenige Stunden nach dem Eintreffen der Nachrichten aus der bosnischen Hauptstadt: „Gegen den Erzherzog bestehen tiefe, in breite Volksschichten hinabreichende Antipathien: sein herrisches Wesen, seine Bigotterie, seine in Geldsachen ganz unglaublich kleinliche und unwürdige Art, seine geschmacklose Kunstsammlerei, mit der er längst zum Schrecken aller Antiquitätenhändler geworden war, seine krankhafte Tötungslust, die er am Wilde ausließ, was man längst nicht mehr Jagd nennen konnte, seine jeden edleren Menschen tief verletzende Gewohnheit schimpflichen Misstrauens, die ihn jeder Denunziation zugänglich machte“. Dazu, so Redlich, komme das unangenehme Auftreten seiner Gattin, der engstirnige Klerikalismus seiner Berater, sein schlechter Gesundheitszustand und sein von Härte gekennzeichneter Charakter, der den Ermordeten in einem denkbar ungünstigen Licht erscheinen lasse. …
Den vollständigen Artikel finden Sie in DAMALS 10/2013.
Prof. Dr. Günther Kronenbitter