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Deutscher Treffpunkt in Manhattan

Der Oskar-Maria-Graf-Stammtisch

Deutscher Treffpunkt in Manhattan
Politische Debatten, Erinnerungen, Literaturkritik – und ein Stück Heimat auf der anderen Seite des Atlantiks: Seit mehr als einem halben Jahrhundert treffen sich Deutsche und Österreicher in New York an einem „Stammtisch“, den der bayerische Schriftsteller Oskar Maria Graf gegründet hat.

Ein Mittwochabend in der New Yorker Upper East Side. Vorbei am Pförtner eines Appartementhauses gehen mehr als ein Dutzend jüngere und ältere Menschen hinauf in den fünften Stock. Sie bringen Essen und Trinken mit in die gemütliche Einzimmerwohnung von Gaby Glückselig (Jahrgang 1914), wo sie zusammensitzen und anregende Gespräche führen werden – auf deutsch. Schon diese Besonderheit macht deutlich, daß es sich bei der Runde nicht um ein gewöhnliches Kaffeekränzchen handelt. Seit mehr als einem halben Jahrhundert kommen hier an jedem Mittwoch Interessierte zusammen, um sich über aktuelle Themen oder über Erlebnisse der Vergangenheit auszutauschen. Geschichte und Gegenwart verbinden sich dabei zu einer höchst reizvollen Mischung, die den Besuch zu einem wirklichen Erlebnis werden läßt. Gründer dieses Stammtisches war der bayerische Schriftsteller Oskar Maria Graf (1894–1967). Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wich der zunächst vor allem als Heimatdichter wahrgenommene Autor nach Wien aus. Als seine Werke bei den Bücherverbrennungen im Mai 1933 unbehelligt blieben, stellte er sich mit seinem international publizierten Protest „Verbrennt mich!“ gegen den Versuch, sie im nationalsozialistischen Sinne zu vereinnahmen. Nach dem „Anschluß“ Österreichs emigrierte der Mitarbeiter zahlreicher antifaschistischer Exilperiodika 1938 in die USA und lebte fortan in New York. Hier organisierte er Unterstützung für Emigranten und wandte sich gegen eine pauschale Verurteilung aller Deutschen. Der Stammtisch entstand 1943 eher zufällig. Damals gab es in New York zwei- bis dreimal pro Woche kein Fleisch, so daß man es nur in Lokalen essen konnte. Im Restaurant „Alt Heidelberg“ in der 2. Avenue traf bei einer solchen Gelegenheit das Ehepaar Graf unvermutet auf George Harry Asher (1907–1989) und seine Frau Lea, die sie aus Österreich kannten. Die Begegnung entwickelte sich zu einem anregenden Gesprächsabend, und so beschlossen die vier, sich an jedem Mittwoch dort zu treffen. Bald kamen weitere Interessierte hinzu – zumeist Emigranten aus Deutschland oder Österreich –, so daß sich ein ständiger Gesprächskreis bildete. Das Motto des Stammtisches lautete damals „Wir sind für alle und alles“. Bekannte und heute wenig bekannte Emigranten fanden sich ein, Intellektuelle und Arbeiter, Künstler und Wissenschaftler, Originale und Lebenskünstler. Häufig kamen Berthold Brecht (1898–1956), der Graf als Schriftsteller sehr schätzte, und der Verleger und Publizist Wieland Herzfelde (1896–1988) zu Besuch, in den 60er Jahren auch Uwe Johnson (1934–1984)…

Rainer Hering

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