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Die Burg im Kampf

Befestigungstechnik, Waffen, Belagerung

Die Burg im Kampf
Mittelalterliche Burgen und Städte standen – wenn auch nicht so häufig wie lange angenommen – immer wieder im Zentrum von Kampfhandlungen. Konnten die Angreifer eine Burg nicht in einem Überraschungsangriff einnehmen, mussten sie diese, zum Teil über einen langen Zeitraum hinweg, belagern.

Die wichtigste Vorsichtsmaßnahme der Angreifer bestand darin, ihr eigenes Lager gegen Entsatzangriffe oder Ausfälle der Verteidiger zu schützen. Dazu legten sie häufig Schanzen an, die durch einen Graben und Wall mit hölzernen Palisaden geschützt waren. Reste solcher Belagerungsschanzen kann man auch heute noch finden: Sie liegen entweder am alten Zugangsweg zur Burg, oder sie sind auf einem benachbarten Hügel erbaut, so dass man die Burg von dort beschießen konnte. So finden sich bei Burg Rheinberg im Wispertal zwei Schanzen einer Belagerung von 1279/80, und bei der Harlyburg in der Nähe von Goslar sind von ursprünglich fünf Anlagen aus dem Jahr 1291 noch drei erhalten geblieben.

Wenn eine Belagerung besonders aufwendig war, wurde sogar ein regelrechter Markt vor der Burg eingerichtet – im Fall von Kurfürst Friedrich I. dem Siegreichen von der Pfalz (1449–1476) berichten die Chroniken, dass es üblich gewesen sei, auf diese Weise das Heer zu versorgen, und dass es extra für diese Märkte ausgearbeitete Regeln gegeben habe, um die Ordnung im Belagerungsheer aufrechtzuerhalten.

Ein besonderes Beispiel für einen Stützpunkt der Belagerer ist die Burg Trutz-Eltz oder Bal-deneltz oberhalb der bekannten Burg Eltz in Rheinland-Pfalz: Von 1331 bis 1337 dauerte die Eltzer Fehde, in deren Verlauf der Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg auch Burg Eltz belagerte. Um seine Kämpfer zu schützen, aber auch um ein weithin sichtbares Zeichen seiner Macht zu schaffen, ließ er auf einem Bergsporn in gut 200 Metern Entfernung oberhalb der Burg Eltz einen mächtigen Wohnturm errichten. Dieser war zusätzlich durch eine Schildmauer und einen Zwinger geschützt und ist heute noch etwa zehn Meter hoch erhalten.

Nachdem die Angreifer ihr Lager gesichert hatten, standen sie vor der Frage, wie sie die Burg erobern konnten: Konnte man sie nicht durch Verrat einnehmen, gab es nur drei Möglichkeiten, in die Burg zu gelangen und die Mauern zu überwinden – darüber, darunter oder hindurch!

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Um über die Mauern einer Burg zu kommen, konnten die Angreifer einen mobilen hölzernen Belagerungsturm verwenden, wie er in vielen Filmen auftaucht. Doch während Friedrich Barbarossa solche Türme bei der Belagerung italienischer Städte nutzte und auch die Kreuzfahrer in Palästina häufig derartige Geräte bauten, ist im deutschen Sprachraum im Mittelalter kein einziger Fall bekannt, in dem wirklich ein solcher Turm zum Einsatz gekommen wäre. Vermutlich waren solche Türme einerseits zu teuer und andererseits bei den meisten Burgen auch gar nicht geeignet, da sie eine ebene Fläche brauchten, auf der man sie an die Mauern her-anschieben konnte.

In zeitgenössischen Büchern sind Darstellungen verschiedener Arten von Leitern und ähnlichen Konstruktionen überliefert, doch welche davon wirklich gebaut und benutzt wurden, entzieht sich unserer Kenntnis. Überhaupt sind Sturmangriffe mit dem Ziel, die Mauern der belagerten Burg zu überwinden, eher selten überliefert. Oft wurden sie, wie bei dem erwähnten Friedrich dem Siegreichen, zu Beginn eines Angriffs unternommen, um eine lang andauernde und teure Belagerung zu vermeiden. Wenn dieser Versuch scheiterte, verlegte man sich lieber darauf, die Burg auszuhungern oder zu beschießen, denn jeder weitere offene Sturmangriff konnte viele Angreifer das Leben kosten.

Stattdessen bot es sich an, zu versuchen, unter den Mauern einer Burg hindurchzukommen. So heuerte Herzog Heinrich der Löwe 1168 Bergleute aus dem Harz an, die bei der Belagerung der auf einem vulkanischen Bergkegel gelegenen Burg Desenberg bei Warburg einen Stollen in den Berg trieben. Dieser Stollen soll angeblich den Brunnenschacht der Burg getroffen haben, so dass die Angreifer den Brunnen verstopfen konnten. Daraufhin mussten die Verteidiger aufgeben.

Auch bei der Belagerung der Burg Alt-Windstein im nördlichen Elsass wurde eine solche Mine oder Sappe gegraben, die noch heute auf einer Länge von etwa 20 Metern begehbar ist. Die Mine wurde in den Sandsteinfelsen hineingebrochen; dabei kamen die Arbeiter vermutlich nur etwa 25 Zentimeter täglich voran. Doch am Ende hatten sie den Hauptburgfelsen erreicht und durchstoßen, so dass die Angreifer die Unterburg beherrschten und die Verteidiger aufgaben. Im Felsen der Burg Berwart‧stein in der Pfalz hat sich eine Mine von 1314 erhalten, die nahezu senkrecht hinaufführt und mit hölzernen Treppen und Absätzen versehen gewesen sein muss.

Diese Minen hatten den Zweck, entweder unter den Mauern der Burg hindurch in diese hineinzukommen oder aber die Mauern so zu unter‧minieren, dass sie einstürzten. Oftmals genügte aber auch der Beginn solcher Arbeiten: So kapitulierte die Burg Berwartstein schon bevor der Felsen durchstoßen werden konnte. Ebenso gaben die Verteidiger der Kreuzfahrerburg Marqab in Syrien 1285 auf: Nachdem die angreifenden Muslime eine Abordnung der Ritter in die Minen unter den Außenmauern der Burg geführt hatten, erkannten diese die Sinnlosigkeit des weiteren Widerstands.

Die dritte Alternative war es, durch eine Burgmauer hindurchzukommen. Eine Möglichkeit dafür stellte die Benutzung eines Rammbocks dar, wie er in Filmen gern gezeigt wird, doch ist der Einsatz eines solchen Geräts nördlich der Alpen im Mittelalter nur äußerst selten belegt. Häufiger finden sich Hinweise darauf, dass die Angreifer sich im Schutz von hölzernen Schirmen den Burgmauern genähert haben, um diese dann mit Werkzeugen zu zerstören: Der Chronist Otto Morena schildert anschaulich, wie Friedrich Barbarossa 1159/60 bei der Belagerung der norditalienischen Stadt Crema eine „Katze“ erbauen ließ: ein hölzernes Schutzdach für die Sappeure. Manchmal konnten diese „Katzen“ auch mit Hilfe von Rädern an die Mauern herangeschoben werden, wenn der Graben davor erst einmal verfüllt war.

Im Fall der Burg Löwenstein im nördlichen Elsass lassen sich im Vorfeld der Burg noch die Reste eines verflachten Grabens erkennen, der zur Burg hinführt. Dort gruben die Angreifer 1386 eine Art Laufgraben, um an die Mauern der Burg zu gelangen, der mit hölzernen Schilden gegen Beschuss gesichert wurde…

Olaf Wagener

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