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„Die Flamme am Lodern halten“

Faszinierende Figuren: Konstantin Wecker über Erich Mühsam

„Die Flamme am Lodern halten“
Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft sprechen über historische Gestalten, die sie beeindruckt haben. In dieser Ausgabe: der Musiker Konstantin Wecker über den anarchistischen Publizisten Erich Mühsam.

Wie sind Sie auf ihn gekommen?

Konstantin Wecker: Ich bin kein Historiker, auch nicht wirklich ein Mühsam-Fachmann, aber ein Mühsam-Liebhaber. Ich beschäftige mich seit meinem zwölften, 13. Lebensjahr mit Lyrik. So kam ich schon sehr früh auf Erich Mühsam, vor allem auf sein „der deutschen Sozialdemokratie“ gewidmetes Gedicht „Der Revoluzzer“, das mich mein Leben lang begleitet hat. Später habe ich begonnen, mich mit seiner Lebensgeschichte und anderen Werken vertraut zu machen.

Was hat Sie an ihm beeindruckt?

Diese unglaublich konsequente, authentische Haltung, die nur wenige Menschen, auch nur wenige Künstler, haben. Auch wenn er geahnt hat, dass seine Vorstellung einer gerechteren Welt vielleicht nicht zu verwirklichen war, hat er doch immer daran festgehalten. Dass er immer ein bekennender Anarchist war, bewundere ich ebenfalls an diesem aufrechten Mann. Anarchie ist ja keine Ideologie der Bombenleger, sondern ein großer Idealismus, an eine herrschaftsfreie Gesellschaft zu glauben.

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Nahm er an, dass daraus etwas werden konnte?

Das hat er sich sicher vorgestellt, aber wohl nicht, dass er das noch erleben würde. Darauf kommt es in der Kunst aber auch nicht an. Aufgabe der Kunst ist es, die Flamme am Lodern zu halten. Nur immer daran zu denken, ob das denn auch Erfolg haben wird, was wir tun, ist falsch.

Finden Sie ihn bedeutender als Literaten oder als politischen Menschen?

Als politischen Literaten. Er hat ganz wunderbare Gedichte geschrieben, aber davon sind seine politische Aufrichtigkeit und sein durchgehendes Engagement nicht zu trennen. Wir dürfen ja nicht vergessen, was er alles durchgestanden hat. Er kam ins Gefängnis, ist verfolgt worden, am Ende von den Nazis totgeprügelt.

Seine Ermordung durch die Nazis: War es Judenhass? Oder hielten sie ihn für gefährlich?

Der Judenhass spielte natürlich eine große Rolle. Aber abgesehen davon: Immer dann, wenn sich Diktaturen etablieren, werden als Erstes Bücher verbrannt und Poeten verfolgt. Poesie verunsichert alle Machthaber und Herrschenden, denn genau das verstehen sie nicht. Da rührt sie etwas an, was sie nicht haben wollen und was ihnen Angst macht.

Also ein Vorbild?

Auf jeden Fall. Gerade in einer Zeit, in der uns gesellschaftliche Leistungsträger als vorbildlich präsentiert werden, ist es ganz wichtig, jemanden herauszustellen, der im Sinne der Leistungsgesellschaft nicht erfolgreich war.

Interview: Dr. Winfried Dolderer

Konstantin Wecker geb. 1947, Musiker, Liedermacher, Komponist, Autor. Seit 1968 künstlerisch tätig. Träger unter anderem des Deutschen Kleinkunstpreises (1977) und des Erich-Mühsam-Preises (2016).

Erich Mühsam (1878 – 1934), anarchistischer Dichter, Publizist und Antimilitarist. Er lebte seit 1909 in München-Schwabing, war Mitarbeiter des Münchner Kabaretts und satirischer Zeitschriften. Wegen „Geheimbündelei“ mehrfach in Haft. 1919 an der Münchner Räterepublik beteiligt. Nach fünf Jahren Festungshaft begnadigt. 1933 verhaftet, 1934 ermordet.

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