Seit Jahrhunderten wird die Geschichte wieder und wieder erzählt. Auch in der Kunst war das Motiv zu allen Zeiten beliebt. Bis heute dient das Bild vorsichtigen Menschen zur Warnung vor verborgenen Gefahren. So wehrten sich französische Filmregisseure und Autoren im März 2000 gegen die Übernahme des französischen „Canal Plus“ durch ein britisches Pendant: Es handle sich um ein „Troianisches Pferd“, den Vorläufer einer beabsichtigten Großfusion. Eine Publikation zur Jugend-Gesundheitsaufklärung beschreibt, wie sich das HIV-Virus ausbreitet: „Das Virus [benutzt] die Freßzelle wie ein Troianisches Pferd, um in den Körper zu gelangen und sich dort auszubreiten.“ Neuerdings berichtet auch das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik über „Troianische Pferde“: Darunter versteht man selbständige Computerprogramme mit einer verdeckten Schadensfunktion; in der Verkleidung unscheinbarer Software lädt sich der Benutzer ein „Troianisches Pferd“ auf seinen Rechner, das dann wichtige Daten zerstört oder Paßworte an externe Adressen weiterleitet. Es war ein hölzernes Pferd, das Troia einst den Untergang brachte, das weiß jeder. Doch wo ist die Geschichte vom listigen Einfall des Odysseus eigentlich überliefert? Viele vermuten sie fälschlicherweise in dem großen Epos über den Troianischen Krieg, in der Homerischen „Ilias“. Ausführlich muß sie dagegen behandelt worden sein im „Epischen Kyklos“, einer Sammlung von Epen, die wahrscheinlich im 7. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist. Gekannt hat Homer den bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreichenden Stoff dennoch. Er hat ihn, wenn auch nur in knapper Form, in die „Odyssee“ eingebaut. 700 Jahre später greift der römische Dichter Vergil das Thema wieder auf: Die „Aeneis“ schildert den Untergang Troias aus der Perspektive eines troianischen Helden. Der alternde Aeneas berichtet von den Ereignissen des Krieges und der Niederlage, herbeigeführt durch ein listiges Danaergeschenk, das hölzerne Pferd (Danaer: bei Homer die Bezeichnung für Griechen)…
Andrea Enders