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Dogenhände küsst man nicht

Agostino Barbarigo (1486-1501 - der stärkste Doge der Neuzeit

Dogenhände küsst man nicht
Venedig hat selbstherrliche Führer immer gefürchtet. Der Doge Agostino Barbarigo versuchte den Spielraum des Staates zu vergrößern – und seinen eigenen. Damit erschütterte die Ausnahmepersönlichkeit das sensible Machtgefüge der Seerepublik.

Unter diesem Dogen lebte Venedig in großen Beschwernissen … Und es war fast nicht zu glauben, wie er nach seinem Tode von jedermann verflucht wurde: wegen seines Hochmuts, seiner Raffgier, seiner Unbelehrbarkeit und seines Geizes“. „Nach dem Tode seines Bruders, des Dogen, mit unglaublicher Zustimmung der ganzen Stadt an dessen Platz gewählt, beendete er den Krieg in den Alpen siegreich, nahm die Insel Zypern entgegen, vertrieb die Piraten aus dem gesamten Mittelmeer, schenkte Italien, nachdem die Franzosen beim Taro besiegt worden waren und Ferdinand der Jüngere zum König von Neapel eingesetzt worden war, den Frieden, fügte dem venezianischen Herrschaftsgebiet die apulischen Küstenstädte hinzu, legte den Krieg in der Toskana bei, empfing Cremona und die Ghiaradadda, nahm den Türken Kephallonia, so dass die Republik unter seiner 15 Jahre und 23 Tage währenden Regierung auf das prächtigste blühte.“ Zwei Nachrufe, zwei Sichtweisen, ein und dieselbe Person: Agostino Barbarigo (1419–1501), Doge der Republik Venedig von 1486 bis 1501. Das vernichtende Urteil stammt von dem Geschichtsschreiber Marin Sanudo (1466–1536), der 40 Jahre lang alle offiziellen Dokumente von Belang in seinem Staatstagebuch festhielt und auf diese Weise zum lebenden Gedächtnis der Republik wurde. Die Verherrlichung schließlich ist im Auftrag des Verewigten selbst verfasst worden; sie zierte 300 Jahre lang sein (später zerstörtes) Grabmonument. Wer aber hatte recht? Einig sind sich beide Texte ja nur in einem einzigen Punkt: ein unglaublicher Mann!

Nach dem Tod Barbarigos neigte das offizielle Venedig so sehr zu Misstrauen und Verdacht, dass eigens eine Kommission, die „Inquisitoren über den verstorbenen Dogen“, eingerichtet wurde, und das, obwohl es mit den „Kontrolleuren des Dogen-Versprechens“ bereits eine für die postume Überprüfung der Amtsführung zuständige Behörde gab. Doch traute man ihr offensichtlich nicht zu, Vorkommnisse von einer derartigen Tragweite angemessen einzuschätzen. Zudem operierten die neuen Inquisitoren überaus geräuschvoll, ohne das sonst in Venedig bei Staatsaffären vorherrschende Stillschweigen. Hier sollte etwas aus dem ansonsten üblichen Dunkel ins helle Licht der Öffentlichkeit gezogen werden. Diese verlangte offenbar ein Exempel, ja wollte ihr Mütchen kühlen. Auch in Venedig gab es den Druck der Straße; ausgeübt wurde er von den vielen verarmten Adligen, auf deren Wahlstimme deren wohlhabendere Standesgenossen angewiesen waren, und den kleinen Leuten. Und sie durften am Ende zufrieden sein. Barbarigos Verwandte mussten die stattliche Summe von 7600 Dukaten zurückzahlen. Was hatte der Doge getan, um so viel Unwillen hervorzurufen? …

Bernd Roeck, Kunstpatronage in der Frühen Neuzeit. Studien zu Kunstmarkt, Künstlern und ihren Auftraggebern im Heiligen Römischen Reich, Göttingen 1999.

Prof. Dr. Volker Reinhardt

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