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Durch Fels und Eis

Geschichte der Jungfraubahn

Durch Fels und Eis
Vor 100 Jahren, am 1. August 1912, wurde die Jungfraubahn im Berner Oberland eröffnet. Der Bau der Zahnradbahn wurde als Triumph der Ingenieurkunst gefeiert. Auf einer Strecke von knapp zehn Kilometern überwindet die Bahn 1400 Höhenmeter. Einzig die gewaltigen Kosten trübten die Festesfreude.

Hochgebirge und Meeresküsten haben eines gemein: Sie sind Extremschauplätze der Natur. Als Hochrisikozonen hielten sie Siedler wie Reisende lange auf Distanz. Die entscheidende Wende in der Wahrnehmung dieser Landschaften vollzog sich im 18. Jahrhundert, aufbereitet durch den erwachenden Natursinn von Dichtern und die Entdeckung des therapeutischen Luft- bzw. Meerbads. Auch die Erstbesteigungen von Mont Blanc (1786) und Jungfrau (1811) sowie der damit einsetzende Alpinismus trugen zum Perspektivwandel bei. Doch gerade das Erlebnis des Hochgebirges war nur über beschwerliche Routen zu haben. Kein Programm für allzu empfindsame Reisende.

Die Schweiz wird von Europas Reiseelite bis ins frühe 18. Jahrhundert vornehmlich als Durchgangsland frequentiert. Die zündende Werbung für die Reize helvetischer Berggiganten lieferte die dichtende Zunft: Albrecht von Hallers Poem „Die Alpen“ (1732) besingt deren Erhabenheit und Idylle; Jean-Jacques Rousseaus Briefroman „Julie ou la Nouvelle Héloïse“ (1759) feiert die „ätherischen Gegenden“ als Raum der Freiheit, wo Gedanken einen „großen, erhabnen Schwung“ nehmen. Als 1793 Johann Gottfried Ebels „Anleitung, auf die nützlichste und genußvollste Art die Schweiz zu bereisen“ erscheint, zählen Regionen wie das Berner Oberland mit dem majestätischen Dreigestirn Eiger-Mönch-Jungfrau und den wildromantischen Wasserfällen bei Lauterbrunnen bereits zu den klassischen Reisezielen. So wird etwa Goethe durch den magischen „Staubbachfall“ zum „Gesang der Geister über den Wassern“ inspiriert. 100 Jahre nach Goethe, 1878, „bummelt“ der Ameri‧kaner Mark Twain durch Europa; er reist per Postkutsche von Luzern nach Interlaken – und erschaudert beim Anblick des „sichtbaren Throne[s] Gottes“, wie er das Jungfraumassiv nennt.

Die Erschließung exponierter Regionen entspricht ganz der technophilen, positivistischen Ideologie der Gründerzeit. Die erste Zahnradbahn der Welt fährt 1869 auf den Mount Washington (New Hampshire) und das erste elektrische Modell von 1893 an auf den Mont Salvère bei Genf. Vom Bergbahnfieber erfasst, erschließt die Schweiz nun auch die Jungfrau-Region. 1890 nimmt die Berner Oberland-Bahn (BOB) den Betrieb von Interlaken-Ost nach Zweilütschinen auf, wo sich die Route nach Lauterbrunnen und Grindelwald verzweigt. Von beiden Orten bietet die Wengernalpbahn (WAB) Anschluss zur Kleinen Scheidegg (2061 Meter) – mit anderen Worten: zur Passhöhe am Fuß des Eiger.

Die Technik bezwingt die Natur, der Tourismus idealisiert sie – und beutet sie aus. Nicht jedermann begrüßt diese Entwicklung: Der Schweizerische Alpinclub sieht die Zonen feierlicher Stille entweiht, Medien geißeln den „Beutezug ins Herz der Alpen“. Die Talbewohner hingegen erhoffen sich vom Bergtourismus Wohlstand und unterstützen den Bahnbau…

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Ingeborg Waldinger

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