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Ein Kerker für die Kardinäle

Geschichte des Kardinalats (Teil 2)

Ein Kerker für die Kardinäle
Wenig zimperlich waren die politischen Interessenvertreter des 13. Jahrhunderts, wenn es galt, Papstwahlen in ihrem Sinn zu beeinflussen. Kardinäle wurden eingesperrt und ausgehungert, bis sie bereit waren, einen neuen Nachfolger Petri zu wählen. Doch auch die Kardinäle selbst trugen ihre familienpolitischen Händel in das Konklave.

Es geschah wenige Tage nach dem Tod Papst Gregors IX. am 22. August 1241. Brutal ließ der Senator der Stadt Rom, Matteo Rosso Orsini, die zur Wahl eines neuen Papstes versammelten zehn Kardinäle an einen von ihm kontrollierten Ort bringen. Einer der Würdenträger wurde an den Haaren zu Boden gerissen, andere wurden geschlagen und an Händen und Füßen durch die Straßen geschleift. Im Septizonium, einem von Kaiser Septimius Severus am Südende des Pa‧latins errichteten, damals in Teilen noch erhaltenen Bau, wurden die Papstwähler dann eingeschlossen. Hier steigerte sich ihr Leiden noch. Durch die Decke tropfte Regenwasser auf sie nieder, das sich mit der Notdurft der Wachen vermischt hatte und die Gefangenen zwang, ihre Schlaflager mit Abdeckungen zu schützen. Die drückende Hitze ließ Seuchen keimen. Fieber machte sich breit. Mehrere erkrankte Kardinäle wurden in einen Nebenraum verbracht, wo man sie ohne medizinische Versorgung ihrem Schicksal überließ. Einer von ihnen lag bereits im Sterben, als ihn die Wachen in einen Totenwinkel schleppten. Hier verschied er, nachdem man ihn bespuckt, mit den Kolben der Armbrüste geschlagen und – schlimmer noch – ihm die letzte Beichte versagt hatte.

Das Ende der Leiden kam für die Kardinäle erst, als sie Ende Oktober 1241 einen der ihren, den Mailänder Kardinal Goffredo Castiglioni, zum neuen Papst erhoben. Aus ihrer Gefangenschaft im Septizonium entlassen, flohen mehrere Mitglieder des Kollegiums aus Rom, um sich dem Zugriff des Senators zu entziehen. Sie weilten schon im südlich der Tiberstadt gelegenen Anagni, als der neue Papst Cölestin IV. nach nur 17 Tagen im Amt verstarb. Brieflich verweigerten sie die Rückkehr an den Ort des Schreckens, die die in Rom verbliebenen Kardinäle forderten. Fast zwei Jahre lang blieb der Papstthron unbesetzt, ehe die Mitglieder des Kollegiums am 25. Juni 1243 Innozenz IV. wählten.

Die Ursachen für die von gewalttätigen Übergriffen begleitete Einschließung der Kardinäle im Jahr 1241 lag in der Verknüpfung der Auseinandersetzung zwischen Papst Gregor IX. und dem Stauferkaiser Friedrich II. mit Konflikten unter den stadtrömischen Adelsfamilien der Colonna, Orsini und Annibaldi. Während Friedrich, der vom verstorbenen Papst zwei Jahre zuvor mit dem Bann belegt worden war, im Sommer 1241 weite Teile des Kirchenstaats besetzt hatte und Rom mit seinen Truppen unmittelbar bedrohte, verstarb Gregor IX. In der Stadt gärte es. Ebenso wie im Kardinalskollegium teilten sich die mächtigen Adelsgeschlechter in eine dem Staufer wohlgesonnene und eine der Aussöhnung ablehnend gegenüberstehende Gruppe.

Der stadtrömische Senator Matteo Rosso Or‧sini versuchte grundsätzlich, eine zwiespältige Wahl zu verhindern, daneben aber wohl auch, die Kardinäle zur Erhebung eines Papstes zu nötigen, der bereit war, die Politik Gregors IX. fortzuführen. Zugleich zielten seine Bemühungen darauf ab, seiner Familie gegenüber den rivalisierenden Colonna, die mit dem Staufer sympathisierten, in Rom eine vorteilhaftere Position zu verschaffen. Nicht ohne Grund ließ Matteo Rosso Orsini nach der erfolgten Wahl Cölestins IV. Kardinal Giovanni Colonna, den Befürworter des Ausgleichs mit Friedrich II., inhaftieren und Besitzungen seiner Familie zer stören. In seinem Schicksal verband sich stadtrömisches Interesse mit der Auseinandersetzung zwischen den Universalgewalten, zwischen Papsttum und Kaisertum…

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In Heft 10-2008 fragte Claudia Zey: „Wie wird man Kardinal?“.

Im dritten Teil unserer Serie schreibt Ralf Lützelschwab über nationale Gruppenbildungen unter den Kardinälen des 14. Jahrhunderts.

Dr. Andreas Fischer

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