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„Ein Leben lang im Widerstand“

Faszinierende Figuren: Günter Verheugen über Heinrich Heine

„Ein Leben lang im Widerstand“
Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft sprechen über historische Gestalten, die sie beeindruckt haben. In dieser Ausgabe: der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen über den Dichter Heinrich Heine.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit Heine?

Günter Verheugen: Heinrich Heine kam in meiner Schule nicht vor. Ich weiß nicht mehr, wie ich ihn entdeckt habe – jedenfalls habe ich mit 16 Jahren alles gekauft und gelesen, was in meiner Kleinstadt von ihm zu bekommen war.

Was fasziniert Sie an ihm?

Dass dieser Mensch, mit nichts anderem ausgestattet als mit scharfem Verstand und einer unglaublichen Beherrschung der Sprache, allein gegen die Mächte seiner Zeit antrat, und das ein Leben lang. Sein Widerstand richtete sich gegen den Obrigkeitsstaat, gegen den Herrschaftsanspruch der Kirche, Frömmelei und Duckmäusertum.

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Er war ein scharfer Kritiker des damaligen deutschen Nationalismus …

Man findet immer wieder Stellen in seinem Werk, bei denen man sich fragt: Wie hat er ahnen können, was 50 oder 100 Jahre später im Namen der Nation angerichtet werden würde? Er war Republikaner und stellte sich eine universelle Demokratie vor. Er hielt gar nichts von nationalstaatlicher Organisation, träumte von einem demokratischen Weltbürgertum.

Dichter, Zeitdiagnostiker, politischer Publizist – in welcher Rolle war Heine am stärksten?

Aus heutiger Sicht als Lyriker. Seine große Popularität beruht ja in erster Linie auf seinen Gedichten. Nicht einmal die Nazis haben es gewagt, die „Loreley“ aus den Liederbüchern zu entfernen. Zu seiner Zeit waren seine „Reisebilder“ ein absoluter Bestseller, weil sie in einem vollkommen neuen Ton geschrieben waren und in einer Sprache, die in ihrer Eleganz und Präzision des Ausdrucks in der deutschen Literatur völlig unbekannt war.

Was bedeutete es für ihn, von Paris aus auf Deutschland zu schauen?

Ganz sicher schärfte der Blick aus dem viel freiheitlicheren und weltoffeneren Paris seine kritische Einstellung zu den Zuständen in Deutschland noch. Vor allem aber sah er eine große Aufgabe darin, zwischen Deutschland und Frankreich zu vermitteln – eine Verständigung im Bereich von Literatur und Kultur. Er meinte, das Wichtigste sei, dass Deutsche und Franzosen einander kennen, denn „hier haben Irrtümer tödliche Folgen“. Auch das zeugte von großer Weitsicht.

Saß er da nicht zwischen allen Stühlen?

Er war in Frankreich früher anerkannt als in Deutschland. Hier wurde ihm mangelnder Patriotismus vorgeworfen. Ich selber habe als aktiver Politiker noch den Streit um die Frage erlebt, ob die Düsseldorfer Universität den Namen Heinrich Heines tragen sollte.

Interview: Dr. Winfried Dolderer

Günter Verheugen geb. 1944, deutscher Politiker (SPD; bis 1982 FDP). 1969 bis 1976 Mitarbeiter des Innen- und späteren Außenministers Hans-Dietrich Genscher. 1977 FDP-Bundesgeschäftsführer. Nach Übertritt zur SPD 1983 bis 1999 im Bundestag. Anschließend bis 2010 EU-Kommissar.

Heinrich Heine (1797–1856), deutscher Dichter und Schriftsteller. Lebte seit 1831, weil er in Deutschland seiner politischen Ansichten und jüdischen Abstammung wegen zunehmend angefeindet wurde, im „freiwilligen Exil“ in Paris. Werke unter anderem: „Buch der Lieder“ (1827), „Französische Zustände“ (1832), „Deutschland. Ein Wintermärchen“ (1844).

 

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