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Eitelkeiten, alles Eitelkeiten

Der Untergang des Vandalenreichs

Eitelkeiten, alles Eitelkeiten
Eigentlich sollte es nur eine Strafexpedition werden, doch am Ende brach das auf den oströmischen Angriff überhaupt nicht vorbereitete Vandalenreich im Jahr 534 wie ein Kartenhaus zusammen.

Zweimal, in den Jahren 460/61 und 468, hatten die Römer nahezu all ihre damals vorhandenen Kräfte und Ressourcen mobilisiert, um Geiserichs Vandalenreich zu zerschlagen – und jedes Mal waren die großangelegten Expeditionen bereits in den Anfängen gescheitert. Das hatte für Rom nicht nur immense finanzielle Verluste zur Folge, sondern auch einen beträchtlichen Prestigeverlust. Umso sicherer mussten sich die Vandalen seitdem fühlen, zumal nach dem Friedensvertrag des Jahres 474. Nicht nur die Etablierung des vandalischen regnum auf ehemals römischem Boden schien damit abgesichert, sondern auch sein fort‧dauernder Bestand. Indes: Man fühlte sich, wie die nachfolgenden Ereig‧nisse zeigen sollten, wohl doch allzu sicher.

Das Unheil, das sich 533/34 über den Vandalen entlud, hatte verschiedene Ursachen. Mit dem Regierungsantritt der Kaiser Justin I. (518– 527) und Justinian (527– 565) entfaltete Konstantinopel eine neue Dynamik; die kirchenpolitische Aussöhnung mit Rom (519) bedrohte nämlich nicht nur das italische Ostgotenreich (das ja dann 535 auch von Ostrom angegriffen wurde), sondern rückte den gesamten Westen neuerlich in den Fokus der kaiserlichen Politik. Trotz allem, dies sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, lassen sich für die in diesem Zusammenhang immer wieder beschworene angebliche Idee Justinians, das Römische Reich in seinem alten Umfang wiederherzustellen, keinerlei Belege ausmachen; man muss wohl eher davon ausgehen, dass entsprechende Gedanken sich erst nach dem unerwartet mühelosen Sieg gegen die Vandalen 534 allmählich zu einem Programm zusammenfügten. Insofern wird man auch den im Jahr 531/32 mit den Persern abgeschlossenen Ewigen Frieden als rein auf die römische Ostgrenze beschränkten Akt interpretieren müssen, nicht aber als Versuch, zusätzliche militärische Kräfte für großangelegte Unternehmungen im Westen freizubekommen.

Mit dieser in Ostrom allenthalben zu beobachtenden neuen Dynamik korrespondiert eine Zunahme innerer Schwierigkeiten bei den Vandalen: Das seit der Herrschaft Gunthamunds (484–496) zu beobachtende Problem der Berbereinfälle verschärfte sich in besorgniserregender Weise, zudem führten die religiösen Fragen zu neuem Zwist. Mit dem Regierungsantritt Hilderichs (523) hatte nämlich ein radikaler Kurswechsel eingesetzt: Fortan konnten die Katholiken bzw. Ni‧zäner ihre Religion wieder ausüben, verbannte Bischöfe kehrten zurück, Kirchen wurden zurückgegeben, ja, sogar Konzilien durften wieder einberufen werden. Damit einher ging freilich eine zunehmende Isolierung des Vandalenreichs. Denn Hilderich ließ seine Frau Amalafrida, eine Homöerin und Schwester des Ostgoten Theoderich, einkerkern und massakrierte ihr ansehnliches gotisches Gefolge – für Theoderich Grund für einen Rachefeldzug, der aber nicht stattfand, weil der Gote 526 verstarb. Trotz allem: Am vandalischen Hof und unter den Soldaten galt Hilderich ob seiner „Eskapaden“ als Verräter. Als in dieser Situation ein vandalisches Heer eine empfindliche Niederlage gegen die Berber erlitt, brachen alle Dämme: Hilderichs desi-gnierter Nachfolger Gelimer riss 530 die Herrschaft an sich und warf den entmachteten König in den Kerker.

Justinian, der ein ausgesprochen freundschaftliches Verhältnis zum Katholikenfreund Hilderich gepflegt hatte, reagierte mit schärfstem Protest, doch Gelimer ließ sich nicht beeindrucken. Da plante der Kaiser eine Strafexpedition (wohlgemerkt: keine Rückeroberung Afrikas!), wiewohl seine Ratgeber davon nicht begeistert waren und zaudernd an das Fiasko des Jahres 468 erinnerten. Trotz allem: Justinian glaubte möglicher-weise an einen religiösen Auftrag (Wiedereinsetzung eines katholischen Königs) und rüstete ein kleines Interventionsheer.

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Dieses verließ im Juni 533 unter dem Kommando Belisars, eines der großen oströmischen Feldherren jener Zeit, Konstantinopel. Sein Umfang – nur 10 000 Fußsoldaten, 5 000 Reiter, des Generals ansehnliche Leibgarde und 92 Kriegsschiffe – deutet darauf hin, dass die Ziele der Expedition nicht allzu weit gesteckt waren. Die nun folgenden Ereignisse sind im Geschichtswerk des Prokop von Kaisareia (Palästina) ausgesprochen gut dokumentiert. Denn Prokop hat den Feldzug selbst als Sekretär Belisars an dessen Seite miterlebt, ja, er hat sogar Kundschafterdienste für seinen General übernommen.

Gelimer hatte offenbar mit allem gerechnet, nur nicht mit einem so unvermittelten oströmischen Angriff. In geradezu naiver Ahnungslosigkeit hatte er große Teile seiner Truppen nach Sardinien zur Niederwerfung eines Aufstands entsandt, bekämpfte eine Erhebung in der Provinz Tripolitana und schlug sich ansonsten mit den Berbern herum. Noch bei ihrer Zwischenlandung auf Sizilien mussten die Römer überrascht feststellen, dass die Vandalen offenbar noch immer keine Kenntnis von ihrer Intervention hatten. So konnten sie unbehelligt an der afrikanischen Küste, am Vorgebirge Caput Vada im heutigen Tunesien, landen und ihren Vormarsch gen Karthago beginnen. Belisar verkündete offensiv das Kriegsziel seiner Armee, die Wiedereinsetzung Hilderichs, und hoffte ansonsten vergeblich darauf, dass breite Bevölkerungsmassen die Waffen gegen das verhasste Vandalenregiment erhoben…

Literatur Mischa Meier, Justinian. Herrschaft, Reich und Religion. München 2004.

Prof. Dr. Mischa Meier

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