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Galante Abenteuer eines Kriegsministers

Die Profumo-Affäre in Großbritannien

Galante Abenteuer eines Kriegsministers
Am 5. Juni 1963 trat der britische Kriegsminister John Profumo zurück. Hintergrund war seine Beziehung zu dem Fotomodell Christine Keeler. Da auch der sowjetische Marineattaché zu den Verehrern Keelers gehörte, war die Affäre bald nicht mehr nur in den Boulevardblättern ein vieldiskutiertes Thema.

Zunächst kursierten nur Gerüchte: In der britischen Boulevardpresse, aber auch in den seriösen Blättern wie der „Times“, häuften sich seit Wochen Andeutungen über skandalöse Vorkommnisse in höchsten Kreisen der Gesellschaft. Von einer unheilvollen Verquickung von Politik und kriminellem Milieu war die Rede, von Spionage und ehelicher Untreue, von wilden Partys in exklusiven Londoner Clubs und auf Landsitzen der Reichen und Mächtigen. Hinter vorgehaltener Hand machte sogar der Name eines Ministers die Runde. Die Sicherheit des Landes sei gefährdet, war den Berichten zu entnehmen. Das Wort „Landesverrat“ fiel. Die Phantasie tat ein Übriges. Dann, am 5. Juni 1963, platzte die Bombe, und die Schockwellen waren gewaltig. An diesem Junitag vor 45 Jahren, kurz vor der traditionellen Geburtstagsparade für die Königin, trat der 48-jährige John Profumo, Verteidigungsminister Ihrer Majestät, der damals noch den Titel Kriegsminister trug, von seinem Amt zurück. Gleichzeitig gab er, einst jüngster Abgeordneter und später jüngster Brigadegeneral der Armee, seinen Sitz im Unterhaus auf. Er gestand, das Unterhaus belogen zu haben – eine Todsünde. Er gehe, wie er bekannte, „in tiefer Reue über sein schweres Vergehen“.

In einer früheren Erklärung vor dem Parlament, in der er seine Beziehung zu dem Fotomodell Christine Keeler erläutern und den Gerüchten über ihn entgegentreten sollte, habe er nicht die Wahrheit gesagt. Profumo hatte damals jedem mit Klage gedroht, der ihm persönliches oder professionelles Fehlverhalten vorhalten würde. Gegen eine französische Zeitschrift und eine italienische Zeitung zog er aus diesem Grund sogar vor Gericht. Das war im März 1963 gewesen.

Im Juni drängte das Parlament Profumo zu einer neuerlichen Erklärung, um die nicht enden wollenden Behauptungen zu entkräften, dass der mit einer bekannten Schauspielerin verheiratete Minister die Gunst der jungen Dame mit anderen Verehrern geteilt habe. Zwar mochte das allein noch durchgehen. Im konservativen Establishment des Landes hätte man die Nase gerümpft – aber nicht über die Enthüllungen als solche, sondern über die unglaublichen Indiskretionen der Presse, die den peinlichen Auftritt des Ministers vor den Abgeordneten des Unterhauses erzwungen hatten. Ihre außerordentliche Brisanz erhielt die Geschichte von den angeblichen Eskapaden des Ministers erst, nachdem bekanntgeworden war, dass zu den Verehrern von Miss Keeler auch der zwischenzeitlich abberufene Marineattaché der sowjetischen Botschaft in London, Kapitän Jewgeni Iwanow, gehört hatte. In der Hochzeit des Kalten Krieges, gerade einmal zwei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer und nur ein Jahr nach der Kuba-Krise, war jedem klar, dass im Zentrum von Iwanows professionellen Interessen in Großbritannien nicht die Informationsbeschaffung über die Bequemlichkeit und Betriebskosten der königlichen Jacht „Bri-tannia“ standen. Auch durfte man annehmen, dass er sich nicht im Auftrag seiner Regierung in London aufhielt, um vorrangig seinen Vergnügungen nachzugehen. In der Affäre ging es offensichtlich massiv um anderes: um Spionage, möglicherweise um Verrat von militärischen Geheimnissen, um die Naivität und tollpatschige Leichtsinnigkeit eines Ministers in einer Schlüsselposition des Kabinetts, dem er seit 1960 angehörte. Nach dem Rücktritt des kompromittierten Ministers beherrschte der bald so genannte Profumo-Skandal wochenlang die Berichterstattung der britischen Medien. Selbst die Presse auf dem Kontinent und in Übersee delektierte die bizarre Affäre, die das auf den ersten Blick so stabil und prüde wirkende Großbritannien in seinen Grundfesten erschütterte. Das deutsche Nachrichten-magazin „Der Spiegel“ widmete dem Thema und seinen delikaten Begleitumständen sogar eine Titelgeschichte. „Die galanten Abenteuer seines Kriegsministers“, war da zu lesen, „haben Englands Premier Macmillan in eine ebenso kritische Situation gebracht wie seinen Amtsvorgänger Eden dessen kriegerisches Suez-Abenteuer.“

Immer mehr Details kamen zur Freude der Journalisten und zum blanken Entsetzen der britischen Regierung ans Tageslicht. Danach hatte der Minister die 21-jährige Christine Keeler bei einer Party auf dem luxuriösen Landsitz des Pressemagnaten Lord Astor in der Grafschaft Buckinghamshire westlich von London kennengelernt. Der Londoner Modearzt Dr. Stephen Ward, ein enger Freund Astors wie auch Iwanows, hatte Christine Keeler mitgebracht. Sie wurde als „Modell“ vorgestellt, doch die Massenblätter umschrieben ihre beruflichen Aktivitäten nach einigen gründlichen Recherchen bald ungeniert als „Callgirl“. Aus dem eher zufälligen oder vielleicht doch arrangierten Zusammentreffen im Juli 1961 entwickelte sich jedenfalls die kurze, wenngleich fatale Beziehung zwischen dem prominenten Politiker und der jungen Dame mit zweifelhaftem Ruf. Schon Ende 1961 war sie nach Aussagen Profumos beendet…

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Prof. Dr. Peter Alter

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Ma|re  〈n.; –s, – od. Ma|ria; Astron.〉 dunkler Teil der Oberfläche von Gestirnen, z. B. des Mondes u. des Mars [lat. ”Meer“]

pau|ken  〈V.; hat〉 I 〈V. i.〉 1 auf der Pauke spielen 2 〈Studentenspr.〉 fechten … mehr

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