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Ganz schön bitter…

Becherovka - Geschichte eines böhmischen Unternehmens

Ganz schön bitter…
„Becherovka“ gehört neben Karlsbader Oblaten, Porzellan, Kristallglas und Bier zu den beliebtesten Souvenirs von Touristen in Böhmen. Aber auch bei der einheimischen Bevölkerung erfreut sich der aromatische Kräuterlikör großer Beliebtheit. Gegründet wurde das Unternehmen vor über 200 Jahren.

Die Familie Becher war lange in Karlsbad ansässig. So hat Dr. David Becher (1725 –1792) als erster Kurarzt im modernen Sinn das Erscheinungsbild seiner Heimatstadt Karlsbad maßgeblich geprägt, indem er in den Kurbetrieb neue Behandlungsmethoden einführte: Er ließ die Patienten das Heilwasser direkt an den Quellen trinken, integrierte Spaziergänge in den Behandlungsplan und achtete dabei auf einen ausgewogenen Rhythmus zwischen Bewegung, Trinken und Baden. Infolge dieser Neuerungen, die bis heute charakteristisch sind für den Kur- und Bäderbetrieb, wurden über den Quellen Altanen oder Kolonnaden errichtet und Promenadenwege angelegt. Bechers Überlegungen, die er in den Jahren 1766 und 1772 in zwei bedeutenden Schriften festhielt, wirkten sich damit nicht nur auf die bis heute gültigen Heilmethoden, sondern auch auf die Architektur in Karlsbad aus.

Ein Neffe des berühmten Balneologen war der Apotheker Josef Veit Becher (1769–1840), der ein Geschäfts- und Wohnhaus am Marktplatz, das „Haus zu den drei Lerchen“, besaß. Von Berufs wegen beschäftigte er sich intensiv mit der Wirkung von Heilkräutern und stellte von 1794 an verschiedene alkoholische Kräutertinkturen als Arzneitropfen her. Da er in seinem Haus auch Kurgäste aufnahm, quartierte sich im Jahr 1805 Reichsgraf Maximilian Friedrich zu Plettenburg-Mietingen bei ihm ein, der sich zur Kur in Karlsbad befand und dabei von seinem Leibarzt, dem Engländer Doctor Frobrig, begleitet wurde. Der Arzt zeigte großes Interesse an Bechers Kräuterkenntnissen, und die beiden verbrachten in den folgenden Wochen viel Zeit damit, verschiedene Kräutermischungen und deren Wirkung auszutesten. Als der britische Arzt zusammen mit seinem Dienstherrn wieder abreiste, überreichte er Becher einen Zettel mit den Worten: „Das hier hat mich ziemlich begeistert!“

Auf dem Papier stand ein als „Lebenselixier“ bezeichnetes Rezept für eine Mischung aus Kräutern, Ölen und Alkohol. In den folgenden zwei Jahren experimentierte Josef Becher mit der Rezeptur des Engländers und versuchte, diese noch weiter zu verbessern. Von 1807 an verkaufte er in seiner Apotheke unter dem Namen „Englischer Bitter“ Magentropfen, die in kleine Fläschchen abgefüllt waren. Von 1810 an wurde dieser Magenbitter auch in 0,35- und 0,5-Liter-Flaschen angeboten; aus dem „Englischen Bitter“ wurde der „Karlsbader Bitter“ und schließlich der „Original Karlsbader Becherbitter“, der von den Kurgästen außerordentlich geschätzt und bald schon als „13. Quelle“ der Bäderstadt Karlsbad bezeichnet wurde.

Kurz vor seinem Tod im Jahr 1840 übergab Josef das Geschäft an seinen Sohn Johann (1813 –1895). Dieser baute die Magenbitterproduktion in den folgenden Jahren zu einem modernen Unternehmen aus: 1867 ließ er eine neue Fabrik errichten, in welcher der Likör in charakteristische flache Flaschen abgefüllt wurde, die sein Schwager Karl Laub entworfen hatte. Als Johanns Sohn Gustav 1895 die Leitung der Firma übernahm, war der „Becherbitter “ somit schon ein bekanntes Markenprodukt und hatte bereits weit über die Grenzen des Habsburgerreichs hinausgehende Absatzmärkte erobert: Von 1884 an wurde der Likör nach Polen geliefert, 1885 folgte der Export nach Deutschland, 1888 der nach Frankreich…

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Jan-Becher-Museum in Karlsbad In dem Gebäude im Zentrum von Karlsbad (Karlovy Vary, Tschechische Republik), das vor rund 150 Jahren die Apotheke der Familie Becher ersetzte, finden wir heute die Produk‧tionsstätte des grünlich-gelben „Becherovka“-Likörs sowie das Jan-Becher-Museum. Bei einer Führung durch den ursprünglichen Keller und verschiedene Produktionsräume erhält der Besucher Einblick in die Herstellung des Kräuterlikörs. Einige Räume bleiben allerdings verschlossen, vor allem der, in dem ein paar Mal im Jahr die getrockneten Blüten, Blätter, Rinden und gemahlenen Wurzeln (insgesamt mehr als 20 Zutaten) gemischt werden.Das Museum zeigt historische Exponate rund um den „Becherovka“, die in sechs Sprachen erläutert und durch einen Film zur Firmengeschichte ergänzt werden.

http://www.bbkult.net

Dr. Ansbert Baumann

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