Kulturhistorische Ausstellungen haben in den deutschsprachigen Ländern großen Zulauf. Dafür mag das Interesse an Orientierung – wo komme ich her? – ebenso eine Rolle spielen wie die Neugier auf Fremdes – wie lebten die Menschen im alten China? – oder die Faszination, wie weit wir die Menschheitsgeschichte zurückverfolgen können; so war etwa die Ausstellung zur Steinzeit in Anatolien (Badisches Landesmuseum 2007) außerordentlich erfolgreich. Angesichts der hohen Besucherzahlen prägen solche Ausstellungen notwendigerweise die historischen Vorstellungen unserer Zeit mit. Umso wichtiger scheint es also zu fragen, wer sie ihrerseits einfärbt. Dass Ausstellungskuratoren eine tragende Rolle spielen, ist selbstverständlich, denn sie erarbeiten das Konzept und beantworten damit die grundlegende Frage zu den Inhalten.
Ausstellungen sind jedoch immer Teamarbeit. Die Kuratoren kooperieren oft mit externen Wissenschaftlern, sie arbeiten mit Ausstellungsarchitekten bzw. -designern zusammen, und auch die beteiligten Handwerker spielen ihre Rolle. Die jeweiligen Gewichte allerdings können sich von Mal zu Mal verschieben. Dem Einspruch eines erfahrenen Ausstellungsgestalters werden Wissenschaftler am ehesten trauen, wenn er warnt: „Das funktioniert nicht“, oder ein bestimmtes Exponat vorzieht, weil es viel anschaulicher ist. Und in den Grundsatzdiskussionen werden seine Argumente größeres Gewicht besitzen.
Herr Ranger, darf man in historischen Ausstellungen inszenieren, oder sollte allein das Objekt wirken?
Diese Diskussion wird glücklicherweise immer seltener. Lange hatten viele Wissenschaftler Angst, hier etwas falsch zu machen. Heute kann man nicht nur viel mehr machen, sondern meinem Eindruck nach fordert das Publikum auch größere Anschaulichkeit und mehr atmosphärische Gestaltung.
Wie offen sind Sie hinsichtlich der Themen „Ihrer“ Ausstellungen? Haben Sie Präferenzen?
Ich komme eigentlich vom Industriedesign her, insofern interessiert mich Technik auf jeden Fall. Und dann haben wir viele Ausstellungen mit antiken bzw. kulturhistorischen Themen gemacht. Genauso gern würde ich einmal ein Automuseum gestalten. Spannend finde ich auch technische Entwicklungen und Innovationen, wie wir das dieses Jahr im Museum Schloss Rheydt in Mönchengladbach herausgearbeitet haben. Dort bildet die Entwicklung der Textilindustrie den roten Faden der Ausstellung. Wir stellen dafür Arbeits-welten dar und funktionstüchtige Maschinen aus. Mich interessiert vieles, am meisten vielleicht der menschliche Aspekt: Bezüge zu finden, die uns heute etwas geben. Wie etwa im Museum Fürstenwalde in Brandenburg, wo wir historische Figuren verschiedener Zeiten durch die Ausstellungen führen lassen und mit ihrer Sichtweise den Zeitgeist vermitteln. Es ist, glaube ich, für erfolgreiche Ausstellungen wichtig, die von den Menschen früherer Zeiten ausgehenden Fragen zu beantworten. Wir leben ja in einer Zeit schneller Entwicklungen, in einer Zeit von Um‧orientierung und Werteverlust. Das macht es wohl für viele interessant zu sehen, was Menschen früherer Kulturen – unsere direkten Vorfahren oder Menschen, die vor mehreren tausend Jahren lebten – in dieser oder jener Richtung gedacht oder empfunden haben. Diese Aspekte gilt es in einer Ausstellung zu entwickeln.
Und wie sehen die ersten Schritte zur Entwicklung eines Ausstellungskonzepts aus?
Wir führen Gespräche! Die Wissenschaftler des Museums stellen uns ihre Grundkonzeption vor. Dann stelle ich Fragen. Ich entwickle mich nicht selbst über Lektüre zum Fachmann, sondern will aus deren Mund hören, worum es gehen soll. Insofern bin ich zunächst einmal naiver Besucher und frage nach. Denn wenn ich etwas nicht begreife, versteht es der Besucher später auch nicht … Oder wir entwickeln Konzepte komplett eigenständig, indem wir uns die Informationen beschaffen, die wir brauchen. Das kommt zum Beispiel vor, wenn wir für Unternehmen oder Institutionen arbeiten, die nicht regelmäßig Ausstellungen entwickeln.
Aus den Inhalten und dem zur Verfügung stehenden Raum ergibt sich dann eine Organisation: Wo beginnt welches Thema? Wo endet es? Ich versuche, einen dramaturgischen Spannungsbogen zu finden: Wo soll der Höhepunkt einer Ausstellung sein? In „Die ältesten Monumente der Menschheit“ (Karlsruhe 2007) ging es um das Neolithikum in Anatolien; damals fand der Paukenschlag am Anfang statt – mit dem Nachbau der spektakulären Riesenpfeiler vom Göbekli Tepe. Die aktuelle Ausstellung des Badischen Landesmuseums, „Zeit der Helden“, setzt drei Akzente. Jedes Projekt besitzt seine eigene Dramaturgie.
Wie detailliert planen Sie die Objektverteilung?
Wenn wir Sonderausstellungen planen, sind die Verhandlungen für viele Objekte noch nicht abgeschlossen, und sie sind auch noch gar nicht am Ort. Ich muss also damit rechnen, dass nicht alles kommt. Manchmal muss man aber auch mehr Exponate unterbringen, auch das haben wir schon erlebt. Ich brauche folglich ein flexibles Konzept, mit dem man bis etwa zwei Monate vor Ausstellungseröffnung noch improvisieren kann…
Das vollständige Interview können Sie in der Januarausgabe von DAMALS lesen.
Ranger Design und die „Zeit der Helden“
Das Stuttgarter Büro Ranger Design (http://www.ranger-design.com) verwirklicht Designprojekte für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Aktuell hat Ranger Design die Ausstellung „Zeit der Helden. Die ‚dunklen Jahrhunderte‘ Griechenlands 1200 –700 v. Chr.“ im Badischen Landesmuseum Karlsruhe gestaltet. Die Sonderausstellung, die noch bis zum 15. Februar 2009 zu sehen sein wird, besticht durch ein breites Themenspektrum, eine klug durchkomponierte Führung, anschauliche Installationen und eine große atmosphärische Dichte, die durch Illustrationen, Farbgebung, den Einsatz von Licht usw. erreicht wird. (http://www.landesmuseum.de)
Wer in Karlsruhe ist, sollte den Gang nach Mannheim nicht scheuen, wo komplementär in den Reiss-Engelhorn-Museen bis zum 18. Januar 2009 eine ebenfalls hochinteressante Ausstellung gezeigt wird: „Homer. Der Mythos von Troia in Dichtung und Kunst“.
(http://www.rem.mannheim.de)
Dr. Marlene P. Hiller