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Gesichter des Orients

10000 Jahre alte Plastiken aus Ain Ghazal

Gesichter des Orients
Über 30 annähernd lebensgroße Plastiken wurden in der jungsteinzeitlichen Siedlung Ain Ghazal – Quelle der Gazellen – gefun-den. Sie stammen aus dem 8. und 7. Jahrtausend v. Chr.

Der Fundort liegt am Stadtrand Ammans und wurde zufällig bei Straßenbauarbeiten entdeckt. Schon bald erkannte man die Bedeutung des Platzes, die ihn aus anderen Siedlungen des Neolithikums heraushob. Nachdem vor etwa 10000 Jahren die Lebensform der seßhaften Bauern und Hirten diejenige der Jäger und Sammler abgelöst hatte, waren überall im Vorderen Orient kleinere Siedlungen entstanden. Die Bevölkerung wuchs rasch, und in Regionen mit günstigen Umweltbedingungen wie Ain Ghazal (mit ausreichenden Niederschlägen und Quellen) entstanden Orte von außergewöhnlicher Größe.

Beinahe 3000 Menschen werden in den Häusern mit bereits differenziertem Aufbau gewohnt haben, einige Gebäude scheinen für einen gemeinsamen Gebrauch errichtet worden zu sein. In größeren Gemeinschaften wurden nicht mehr alle Personen für den Nahrungserwerb gebraucht, einige konnten sich speziellen Tätigkeiten widmen, etwa der Anfertigung von Steinwerkzeugen oder der Herstellung von gebranntem Kalk, der zum Verputzen von Wänden und für Fußböden verwendet wurde. Nachdem diese Technik entdeckt war, verwendete man das Material auch zur Herstellung menschlicher Plastiken. Die frühesten Plastiken sind am Ende des 8. Jahrtausends überformte menschliche Schädel ohne Unterkiefer: Auf ihnen wurden mit einem Gemisch aus gebranntem Kalk und Lehm Gesichtszüge nachgestaltet; schwarze Bitumeneinlagen hoben die Augenlider hervor. Aus dieser frühen Form des Gedenkens an Verstorbene entwickelte sich dann die Nachbildung vollständiger Körper unterschiedlicher Größe. Auch hierbei wurde ein Gemisch aus gebranntem Kalk und Lehm verwendet, das man um ein Gerüst aus zusammengebundenen Schilflagen auftrug.

Zarte Gesichter mit stark betonten Augen und der Natur nachempfun?dene Körper, die zudem farbig verziert waren, haben wohl kultischen Zwecken gedient. Vielleicht sollten sie die Verstorbenen darstellen, vielleicht auch Götter repräsentieren. Vermutlich standen sie eine Zeitlang aufrecht, gefunden wurden sie eng übereinandergepackt in Gruben. Zwei solcher Deponierungen wurden in Ain Ghazal entdeckt, sie liegen zeitlich etwa zwei Jahrhunderte auseinander. Die Figuren waren durch die lange Bodenlagerung sehr fragil. Zur Bergung deckte man daher zunächst die ganze Gruppe mit Aluminiumfolie ab, brachte dann eine Schutzschicht aus Polyurethan-Schaum auf und setzte eine Transportkiste darüber. Dann grub man die Schicht unter den Figuren frei, drehte den Block um und wiederholte die Sicherungsprozedur.

Die erste, 1983 gefundene Gruppe kam zur Restaurierung in das Institute of Archaeology der Universität London. Stück für Stück wurden die Figuren dort aus dem Block freipräpariert bzw. die Fragmente einzelnen Figuren zugeordnet. So konnten nach und nach die ersten von etwa 26 Figuren wieder zusammengefügt werden. Besonders beeindruckend ist die mit 93 Zentimetern Länge fast lebensgroße Figur, die die Restauratoren „Zeina“ nannten (siehe Abbildung). Große Augen beherrschen das ausdrucksstarke Gesicht auf einem langen Hals, der in breite Schultern mündet. Eine schmale Taille betont den Körper; die Beine waren mit roten Farbstreifen bemalt.

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Aus der zweiten Deponierung, die in der Smithsonian Institution in Washington restauriert wurde, stammt die doppelköpfige Büste. Aus einem konturlosen, brettartigen Körper schauen auf schmalen Hälsen zwei faszinierende Gesichter dem Betrachter entgegen – mandelförmige Augen über einer zarten Nase und einem schmalen Mund. Sie scheinen Wesen aus einer anderen Welt. Diese wunderbaren Figuren bilden den fulminanten Auftakt der Ausstellung „Gesichter des Orients“.

Prof. Dr. Beate Salje

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