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Herrscherin und Landesmutter

Maria Theresia von Österreich

Herrscherin und Landesmutter
Der erste Diener des Staates zu sein – diese Maxime wurde nicht von Preußens Friedrich II. erfunden. Auch Maria Theresia fühlte sich diesem Herrscherideal verpflichtet. Ihre Popularität als Landesmutter verdeckt dabei oft den Blick auf die von ihr angestoßenen Reformen des habsburgischen Länderkonglomerats.

Der 14. Juni 1741 war ein besonderer Tag in der Geschichte des Hauses Habsburg: In Preßburg (der heutigen slowakischen Hauptstadt Bratislava) schritt man zur feierlichen Krönung der jungen Erzherzogin Maria Theresia zur Königin von Ungarn. Zuvor war die Erbin des Gesamtstaats bereits zur Königin von Böhmen erhoben worden. Ungarn gehörte zu der Ländermasse, die die Dynastie nach und nach erworben hatte. Deren Zusammenhalt stand jedoch auf des Messers Schneide, zumal der Adel, auf den es in Ungarn vor allem ankam, keineswegs als durchweg habsburgtreu gelten konnte. Doch Maria Theresia hatte es erreicht, daß er ihr bedingungslos huldigte. Die Geschichte, sie sei mit ihrem erst drei Monate alten Sohn, dem späteren Kaiser Joseph II., vor den Ständen erschienen und habe sie zu Tränen gerührt, ist zwar erfunden. Doch wahr ist, daß sie mit Erfolg an das Ehrgefühl der magyarischen Edelleute appellierte und sie geradezu begeisterte. Unter großem Jubel empfing sie die traditionelle Stephanskrone. Zudem wurden ihr Mittel für die Aufstellung eines Heeres von 20000 Mann bewilligt, ein geradezu unerwartetes Geschenk, das ihr half, die verzweifelte politische Lage einigermaßen zu stabilisieren.

In der Tat stand es 1741 für die junge Thronerbin nicht zum Besten. Am 20. Oktober 1740 war ihr Vater, Kaiser Karl VI., im Alter von 55 Jahren gestorben. Bereits 1713 hatte er in einer feierlichen Staatsurkunde – der „Pragmatischen Sanktion“ – verfügt, daß nur seine eigenen Kinder, auch wenn es keine Söhne sein würden, erbberechtigt sein sollten. Dies bedeutete: vor den nach Sachsen und Bayern verheirateten Töchtern seines älteren Bruders, Kaiser Joseph I., und deren Nachkommen. Von den Kindern Karls VI. überlebten schließlich nur zwei Töchter, die 1717 geborene Maria Theresia und ihre um ein Jahr jüngere Schwester das Kleinkindalter. Deshalb hatte er die Pragmatische Sanktion von den verschiedenen Ständeversammlungen des Habsburgerreiches offiziell billigen lassen und sich zudem ihrer Anerkennung durch die wichtigsten europäischen Mächte versichert: 1726 war sie vom Zarenreich, 1728 vom preußischen König, 1731 durch Großbritannien und die Niederländische Republik, 1738 von Frankreich garantiert worden.

Dennoch war der gerade an die Regierung gelangte Friedrich II. von Preußen im Dezember 1740 in Schlesien eingefallen, um es zu annektieren. Während sich eine Koalition aus Frankreich, Bayern und Sachsen bildete (deren Kurfürsten als Gemahle der Kusinen Maria Theresias ebenfalls Anspruch auf habsburgische Gebiete geltend machten), hatte er scheinheilig gegen die sofortige Abtretung dieser Provinz sein ebenso gut ausgebildetes wie modern ausgerüstetes Heer als Schutzschild für die österreichische Erzherzogin und Königin von Böhmen angeboten. Das hatte sie abgelehnt. Nachdem aber Friedrich ihr Heer im April 1741 besiegt hatte, stand sie nunmehr – lediglich unterstützt durch die Briten – nahezu allein gegen ein Bündnis übermächtiger Feinde. Im Oktober drangen diese gen Wien vor und veranlaßten den Hof Maria Theresias zur Flucht. Im Dezember wurde der bayerische Kurfürst Karl Albert in Prag zum böhmischen König gekrönt und im Monat darauf von den deutschen Kurfürsten zum Kaiser gewählt, als der er sich Karl VII. nannte. Im Sommer 1742 trat Maria Theresia auf den Rat Londons hin Schlesien an Preußen ab. Damit fiel dieses als Gegner aus. Es trat allerdings in den bis 1748 dauernden „Österreichischen Erbfolgekrieg“ 1744/45 erneut ein. Doch abgesehen vom nochmals besiegelten Verlust Schlesiens gelang es Maria Theresia, den Bestand des habsburgischen Länderkomplexes zu sichern. Die ersten Regierungsjahre Maria Theresias standen also unter einem denkbar unglücklichen Stern. Karl VI. hatte seine Tochter zwar mustergültig erziehen lassen, doch wurde sie von ihrem Vater nicht zu den Regierungsgeschäften herangezogen. Dieser baute eher auf die Kenntnisse seines Schwiegersohns Franz Stephan von Lothringen (1708–1765), der 1736 Maria Theresia geheiratet und 1737 für den Schwiegervater Ludwigs XV. von Frankreich auf sein Herzogtum verzichtet hatte, um es gegen das Großherzogtum Toskana einzutauschen. Franz Stephan war es, der als Gouverneur verschiedener habsburgischer Lande sowie als Mitglied der Geheimen Konferenz, dem höchsten Regierungsorgan, politische Erfahrungen sammelte.

Der erste große politische Erfolg Maria Theresias stellte sich 1745 ein: Ende des Jahres wurde dem preußischen König der Besitz Schlesiens nur bestätigt, weil er ihrem Mann für die Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nachträglich seine Kurstimme (nämlich die Brandenburgs) zusicherte. Bereits Mitte September hatten die übrigen Kurfürsten für Franz Stephan votiert, auch der neue Kurfürst von Bayern, der den Konflikt seines verstorbenen Vaters mit der Habsburgerin nicht fortsetzen wollte. Obwohl nie förmlich gekrönt (dafür hätte sie während der Zeremonie eine allzu untergeordnete Rolle spielen müssen), avancierte Maria Theresia damit zur „Kaiserin“, was weniger einen realen Macht- als einen enormen Prestigegewinn bedeutete. Trotz ihrer Liebe zu – nunmehr – Kaiser Franz I. beteiligte sie ihn kaum an den Regierungsgeschäften des Habsburgerreiches. Ihm blieb neben seiner eher unauffälligen, in Finanz- sowie in wichtigen Personalangelegenheiten allerdings kaum zu überschätzenden Beraterrolle das nicht eben viel versprechende Feld der Reichspolitik. Hier versuchte er nicht ohne Erfolg, das Gewicht des Hauses Habsburg(-Lothringen) wieder zu stärken. Allerdings scheiterte er zu Beginn der 1750er Jahre mit dem Plan, vorzeitig seinen ältesten Sohn Joseph zum Römischen König und damit zum Nachfolger in der Kaiserwürde wählen zu lassen. Hiermit wollte er – durchaus im Einklang mit den beiden verbündeten „Seemächten“ Großbritannien und den Niederlanden – eine offene Nachfolgesituation, wie sie 1740 bestanden hatte, für die Zukunft vermeiden. Obsolet wurden solche Pläne auch deswegen, weil Maria Theresia – beeinflußt durch ihren neuen außenpolitischen Berater Wenzel Graf Kaunitz – immer zielstrebiger das Ziel einer Allianz mit Frankreich verfolgte. Im Mai 1756 wurde diese schließlich unterzeichnet, auch als Reaktion auf eine Annäherung Preußens an Großbritannien, die bereits Mitte Januar erfolgt war. Damit vollzog sich das, was man in der Geschichte der internationalen Beziehungen als „Umsturz der Bündnissysteme“ (Renversement des alliances) bezeichnet hat, da die zwei seit dem späten 15. Jahrhundert verfeindeten Mächte sich nunmehr auf eine gemeinsame außenpolitische Linie einigten. Maria Theresia handelte in dieser Angelegenheit gegen den Rat ihres Mannes, der dem König von Frankreich den Verlust seines Stammlandes Lothringen nicht verzeihen konnte. Für die Kaiserin aber verband sich mit der neuen Allianz, die durch Bündnisse mit Rußland und Sachsen ergänzt wurde, die Hoffnung, Friedrich II. das ihr gewaltsam und wider alles Völkerrecht entrissene Schlesien wieder abnehmen zu können.

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Dieser kam indes im August 1756 einem von ihm in Bälde erwarteten Angriff auf Preußen durch seinen Einmarsch ins Kurfürstentum Sachsen zuvor. Damit löste er den bis 1763 dauernden Siebenjährigen Krieg aus, die schwerste Krise des Römisch-Deutschen Reiches im 18. Jahrhundert, die sich alsbald mit dem gleichzeitig ausgetragenen Weltkonflikt zwischen Frankreich und Großbritannien um Nordamerika und Indien verquickte. Preußen stand in diesem Krieg trotz einiger spektakulärer militärischer Siege mehrfach mit dem Rücken zur Wand. Vor dem drohenden Untergang wurde es nur gerettet, weil Maria Theresia Anfang 1762 durch einen Thronwechsel im Zarenreich dieser Verbündete abhanden kam. Da sich die beiden Hauptgegner in diesem großen Konflikt, Frankreich und Großbritannien, im Februar 1763 in Paris auf einen Frieden einigten, blieb Maria Theresia und Friedrich II. nur die Möglichkeit, sich kurz darauf auch auf einen Friedensschluß zu verständigen, der es bei den Vorkriegsgrenzen beließ…

Prof. Dr. Michael Erbe

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