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Hitler verpflichtet

Entwicklung und Machtdurchsetzung der SS

Hitler verpflichtet
Sie ging 1925 aus einem Tross enger Mitarbeiter hervor, die Hitler schon zuvor begleitet hatten, und bis zum Untergang 1945 sollte die SS eine besondere Loyalität zu ihrem „Führer“ prägen.

Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg entwickelte sich zu einer schweren Hypothek für die junge Weimarer Republik und zum Trauma der politischen Rechten, deren Vertreter sich den militärischen Zusammenbruch nicht eingestehen wollten. Mit Hilfe der „Dolchstoß-Legende“ und durch die Distanzierung vom „Schmachfrieden“ suchten sie die Verantwortung für das Ende ihrer hochfliegenden hegemonialen Pläne nicht bei den alten Eliten, sondern bei der neuen demokratischen Reichsregierung. Dieser chauvinistische, geschichtsklitternde Geist wehte besonders in der bayerischen Landeshauptstadt. Nachdem Regierungstruppen und nationalistische Freikorps im Mai 1919 das Experiment der Münchner Räterepublik blutig niedergeschlagen hatten, sammelten sich hier natio‧nale Eiferer, völkische Ideolo-gen, Monarchisten, Militaristen und versprengte Reste der 1920 aufgelösten Freikorps. In diesem Milieu entstanden die nationalsozialistische Partei und ihre Wehrverbände, darunter auch die Schutzstaffeln (SS).

Adolf Hitler war der wichtigste Propagandaredner seiner Partei, deren Versammlungen von einer Gruppe schlagkräftiger Mitglieder geschützt wurden, die sich bald unter dem Namen SA (Sturmabteilung) zusammenfanden. Doch in den immer wieder auftretenden Machtkämpfen im rechtsnationalistischen Lager stand diese Formation zunehmend den übrigen paramilitärischen Gruppierungen näher als der eigenen Partei. Vermutlich in dieser Situation entschied Hitler im März 1923, eine kleine Leibwache zu gründen. Die Angehörigen dieser „Stabswache“ trugen zwar noch graue Windjacken, doch zierte ihre Mützen bereits das Totenkopf-Symbol.

Diese erste Gruppe bestand nur kurz. Einer ihrer führenden Angehörigen, der Organisator der SA und ehemalige Angehörige des Freikorps „Marinebrigade Erhardt“ Hans-Ulrich Klintzsch, schied bald aus. Daraufhin errichtete Hitler den „Stoßtrupp Hitler“. Dieser war deutlich umfangreicher und soll zwischen 80 und 120 Mann stark gewesen sein. Seine Mitglieder trugen weiter das Totenkopf-Symbol an einer feldgrauen Militärmütze. Sie waren unmittelbar Hitler verpflichtet, fühlten sich aber meist zugleich als Angehörige der SA. Viele hatten im Ersten Weltkrieg als Soldaten gekämpft und zumindest zeitweilig einem Freikorps angehört. Die Führer kamen aus dem engsten Umfeld Hitlers. Sie bildeten seine politische Familie. Emil Maurice, der die SA mit gegründet hatte, und Julius Schreck dienten als Chauffeure, der arbeitslose Drogist Julius Schaub folgte Hitler als Diener und Faktotum. Joseph Berchtold, ein Reserveleutnant, leitete den Stoßtrupp. Alle vier zählten anfangs auch zu den führenden Mitgliedern der 1925 gegründeten SS.

Der Stoßtrupp war nicht nur Leibwache, sondern auch Schlägertruppe. Am sogenannten Hitler-Putsch, dem dilettantischen Versuch Hitlers am 9. November 1923, die Reichsregierung zu entmachten, beteiligte sich seine Leibwache in hervorgehobener Position. Nach der Niederschlagung des Aufstands mussten sich daher auch 40 Angehörige des Stoßtrupps vor Gericht verantworten. Alle kamen mit kurzen Freiheitsstrafen davon. Nach seiner Entlassung aus der Haft gründete Hitler im Februar 1925 erneut die zuvor verbotene Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). Da die SA weiterhin auf ihre Selbständigkeit pochte, installierte er wieder eine kleine, persönliche Schutztruppe. Sie wurde offiziell am 9. November 1925 als Schutzstaffel errichtet. Die Leitungsfunktionen übernahmen ehemalige Stoßtrupp-Mitglieder: Schreck wurde erster Führer der SS. Maurice, der später zugeben musste, jüdische Vorfahren zu haben, fungierte als sein Stellvertreter. Die SS sollte die Parteiführung und Versammlungsredner schützen – eine euphemistische Umschreibung für das gewalttätige Eingreifen in den Saalschlachten, in die politische Versammlungen nicht selten ausarteten.

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Anfänglich auf München beschränkt, wurden schon 1925/26 im übrigen Deutschland erste örtliche Gruppen („Staffeln“; üblicherweise zehn Mitglieder) aufgestellt. In den ersten Jahren dümpelte die SS mit einigen Dutzend Staffeln und einigen hundert Mitgliedern dahin. Im November 1926 war sie der SA unterstellt woden, ein Bauernopfer der Annäherung zwischen SA-Chef Franz Pfeffer von Salomon und Hitler. Vielleicht aus diesem Grund nahm der damalige „Reichsführer“ der SS, Joseph Berchtold, seinen Hut. Ihm folgte mit Erhard Heiden ein weiterer ehemaliger Stoßtrupp-Mann. Seine Untergebe‧nen rekrutierten sich vorwiegend aus dem völkischen, antisemitischen Milieu. Nicht von ungefähr hatte Schreck sich im Juni 1926 in einem der ersten Aufrufe der jungen SS an „Euer Deutschgeboren!“ gewandt. Häufig gingen gerade die SS-Angehörigen mit besonderer Brutalität gegen politische Gegner vor…

Literatur: Jan Erik Schulte (Hrsg.), Die SS, Himmler und die Wewelsburg. Paderborn u. a. 2009. Bernd Wegner, Hitlers politische Soldaten. Die Waffen-SS 1933 –1945. Leitbild, Struktur und Funktion einer nationalsozialistischen Elite. 9. Auflage, Paderborn u. a. 2010. Peter Longerich, Heinrich Himmler. Biografie. München 2008. Michael Wildt, Generation des Unbedingten. Das Führerkorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburg 2002.

Dr. Jan Erik Schulte

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