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„In die Hände gespielt hat ihm die Naivität seiner Gegner“

Faszinierende Figuren: Guido Steinberg über Ajatollah Ruhollah Khomeini

„In die Hände gespielt hat ihm die Naivität seiner Gegner“
Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wissenschaft sprechen über historische Gestalten, die sie beeindruckt haben. In dieser Ausgabe: der Islamwissenschaftler Guido Steinberg über den iranischen Schiitenführer (Ajatollah) Ruhollah Khomeini.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit Khomeini?

Guido Steinberg: Sein strenges, fast zorniges Gesicht ist meine früheste politische Erinnerung, als ich in meiner Kindheit im Fernsehen die Berichterstattung über die Revolution 1979 verfolgt habe. Ich habe später Islamwissenschaft studiert, Persisch gelernt und 2016 begonnen, an einem Buch über iranisch-saudische Beziehungen zu arbeiten. Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit Khomeini.

Was interessiert Sie an ihm?

Ich halte die islamische Revolution im Iran, deren Führer er war, für das zentrale Ereignis des Nahen Ostens in den jüngsten Jahrzehnten. Die Politisierung des Islams seit den 1970er Jahren wurde von Khomeini ganz maßgeblich beeinflusst, und das mit einer Kompromisslosigkeit, Härte, aber auch einer Treue zum geschriebenen Wort, die mich immer wieder beeindruckt haben. Er hat getan, was er gesagt hat. Dafür finden wir in der Politik des Nahen Ostens sonst nur sehr wenige Beispiele.

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Er war gegen Landreform und Frauenrechte – war der Schah im Vergleich zu ihm nicht ein Leuchtturm der Aufklärung und des Fortschritts?

Der Schah hat ein prowestliches Programm durchgesetzt, das mir persönlich sympathischer ist. Der Vergleich mit Khomeini fällt dennoch sehr zu dessen Gunsten aus, weniger wegen der Inhalte als wegen der Persönlichkeiten. Bei Khomeini erkennen wir eine große Konsequenz. Er hat schon 1942 den Schah massiv kritisiert und seither bis zu seinem Tod an der Politisierung des Islams gearbeitet. Eine solche Stringenz und Charakterstärke finden wir beim Schah nicht. Er war vollkommen ungeeignet für sein Amt, hat 1979 auch ohne Not die Macht abgegeben.

Khomeini war seit 1964 im Exil. War er damals schon der Hoffnungsträger der Volksmassen?

Das wurde er erst im Lauf der Zeit, und es war seine große politische Leistung, dass er sich schon in den 1970er Jahren als Führungspersönlichkeit fast aller Revolutionäre etablieren konnte. Im Exil im Irak hatte er die Freiheit, seine Thesen zu entwickeln und zu verbreiten, und zwar auf Tonbandkassetten, die im Iran zirkulierten. Das war ein Phänomen der Jahre 1964 bis 1979. In die Hände gespielt hat ihm natürlich die ungeheure Naivität seiner späteren Gegner, der Kommunisten, Liberalen und säkularen Nationalisten, die glaubten, er werde nach erfolgreicher Revolution die Macht freiwillig abgeben. Sie hätten nur sein 1970 erschienenes Buch über die „Islamische Regierung“ lesen müssen, um zu wissen, was sie erwartete.

Wie konnte er vom Exil aus so populär werden?

Die Iraner wussten: Seit 1942 schon befand sich dieser Gelehrte in der Opposition. Er musste für seine Überzeugung ins Gefängnis und ins Exil, und trotzdem ist er nie ein Jota von ihr abgewichen. Das bewundern viele Iraner bis heute, selbst wenn sie Khomeini politisch fernstehen.

Interview: Dr. Winfried Dolderer

Guido Steinberg geb. 1968, Islamwissenschaftler und Terrorismus-Experte. Studium in Köln, Syrien, Berlin. 2001 bis 2005 Referent im Kanzleramt. Derzeit Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin.

Ruhollah Khomeini (1900 – 1989), iranischer Ajatollah, Führer der islamischen Revolution. Trat seit den 1940er Jahren als Theoretiker einer islamischen politischen Ordnung und Kritiker der säkularen Monarchie in Erscheinung. Seit 1964 im Exil, 1979 Rückkehr nach Sturz des Schahs. Nach Ausschaltung aller rivalisierenden politischen Kräfte alleiniger Machthaber.

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