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Kirchenfürst und schöngeistiger Mäzen

Kardinal Bernardino Spada

Kirchenfürst und schöngeistiger Mäzen
Bis heute gehört die Galleria Spada zu den großen Gemäldesammlungen Roms. Ihr Name ist verbunden mit einer der schillerndsten Figuren der daran wahrlich nicht armen Kirchengeschichte des Barock: Bernardino Spada.

Fiebrige Spannung lag über der Ewigen Stadt in den glühendheißen ersten Augusttagen des Jahres 1623. Seit Wochen waren die Kardinäle im Konklave versammelt, um über die Wahl des nächsten Papstes zu entscheiden. Die Verhandlungen aber zogen sich hin, die wichtigsten Fraktionen innerhalb des „Heiligen Kollegiums“ blockierten sich gegenseitig. Angesichts der brütenden Hitze und der wachsenden Malariagefahr im Vatikan gestaltete sich die Suche nach einem Kompromißkandidaten immer drängender. Ständig wurden neue Namen ins Spiel gebracht, bis am 5. August die Botschaft nach draußen drang, man habe sich auf den Kardinal Maffeo Barberini geeinigt. Und so war es auch: Am folgenden Tag erfolgte die feierliche Verkündigung des „Habemus Papam“, und dieser neue Papst wählte den Namen Urban VIII. Wie immer war die Papstwahl von den diplomatischen Vertretern der europäischen Staaten wie den Angehörigen der römischen Oberschicht mit größter Aufmerksamkeit verfolgt worden. Denn mit jedem neuen Pontifex wechselte auch das kuriale Establishment – an die Schaltstellen der Macht gelangten nunmehr dessen Familie und Freunde, Klienten und Landsleute. Ähnlich wie bei einem Regierungswechsel in modernen demokratischen Gesellschaften wurden die entscheidenden Ämter neu besetzt; nur gab an der Stelle des richtigen Parteibuchs im Rom des 17. Jahrhunderts die richtige informell-persön?liche Beziehung den Ausschlag. Wenige Angehörige der Kurie dürften 1623 die Wahl des Kardinals Maffeo Barberini mit so hoffnungsvollen Erwartungen zur Kenntnis genommen haben wie der damalige Prälat Bernardino Spada, denn über die so unschätzbar wichtigen persönlichen Beziehungen zum neuen Papst verfügte er in reichem Maße. Der machtbewußte Kardinal, der nunmehr zum Oberhaupt der katholischen Christenheit gewählt worden war, und der ehrgeizige Bernardino Spada kannten sich seit langem und schätzten einander. Kein Wunder also, daß Spada im Sommer 1623 mit einem Schlag glänzende Perspektiven vor sich sah, die zu nutzen er fest entschlossen war. In den folgenden zwei Jahrzehnten des ungewöhnlich langen Barberini-Pontifikats gelang es ihm tatsächlich, zu einer der einflußreichsten Personen am päpstlichen Hof zu werden, und der war damals noch ein politisches Zentrum von europäischer Bedeutung. Der Aufstieg in die Spitzen der kurialen Bürokratie war Bernardino Spada nicht an der Wiege gesungen worden. Am 21. April 1594 wurde Spada in dem Provinznest Brisighella geboren, nicht weit entfernt von Bologna. Er entstammte einer Familie, die ihren kometenhaften Aufstieg dem Vater Bernardinos, Paolo Spada (1541–1631), zu verdanken hatte. Als ebenso geschickter wie skrupelloser Geschäftsmann verstand es dieser während seines langen Lebens, ein gewaltiges Vermögen zu erwerben. Daß er dabei nicht zimperlich vorging, belegen noch heute zahlreiche Gerichtsakten im römischen Staatsarchiv. Doch war sich der durchsetzungsfreudige Ökonom zugleich darüber im klaren, daß der soziale Aufstieg seiner Familie nur dann gelingen konnte, wenn er bereit war, finanzielles Kapital in kulturelles und soziales zu transformieren – mit anderen Worten: in eine angemessene Selbstdarstellung und vor allem in die Karrieren seiner Kinder zu investieren. Das tat er reichlich, besonders im Fall seines drittgeborenen Sohnes Bernardino, der von klein auf für eine ambitionierte geistliche Laufbahn an der Kurie vorgesehen war. Für eine solche war – nach gründlicher Schulbildung – ein Studium notwendig, und zwar ein solches der Rechte, keineswegs der Theologie. Was zunächst überraschen könnte, findet seine Erklärung in der doppelten Natur des Papsttums als zugleich geistlicher und weltlicher Macht. Die Päpste der frühen Neuzeit waren gleichzeitig Oberhirten der katholi?schen Kirche und besaßen als solche die Gewalt in spiritualibus – und die Herren des Kirchenstaates; in dieser Eigenschaft, in temporalibus, also in weltlichen Dingen, waren sie Fürsten eines italienischen Mittelstaates. Aus dieser zweifachen Funktion ergaben sich allerlei politische Probleme, die Bernardino Spada im Lauf seiner langen Karriere zur Genüge kennenlernen sollte. Für den Studenten, der sich auf die Arbeit an der Kurie vorbereitete, bedeutete es zunächst einmal, daß solide Kenntnisse in der Jurisprudenz wichtiger waren als dogmatisch-theologische Studien. Denn was die Päpste brauchten, waren vor allem geschickte Diplomaten und kundige Verwaltungsfachleute; jedenfalls waren es diese, die in aller Regel den Weg ins Kardinalskollegium fanden, und weit weniger brillante Prediger oder geistreiche Theologen. So studierte denn Bernardino Spada die Rechte in Bologna, Perugia und Rom, wo er im Jahr 1617 an der Sapienza-Universität promoviert wurde, um schon wenig später zum Gerichtsreferendar berufen zu werden. Hier bewährte er sich in der Folgezeit durch unermüdlichen Fleiß ebenso wie durch juristischen Scharfsinn, doch beeindruckte er den Chef seiner Behörde zugleich durch profunde literarische Bildung und ebenso durch ein ausgeprägtes Interesse an Kunst und Kultur. Bei diesem Chef, zu dem er bald ein fast freundschaftliches Verhältnis entwickelte, handelte es sich um niemand anderen als ebenjenen Kardinal Maffeo Barberini, der von 1623 bis 1644 als Urban VIII. die Tiara trug.

Dr. Arne Karsten

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