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„Mitten in das Gebiet der Zehn Städte“

Die Dekapolis: „Griechen“ östlich des Jordans

„Mitten in das Gebiet der Zehn Städte“
Zehn Städte sollen esgewesen sein, vielleicht auch 14, die im 1. Jahrhundert v. Chr. zu Vertretern griechischer Kultur im Vorderen Orient wurden. Auf faszinierende Weise mischen sich in diesen städtischen Zentren orientalische und westliche griechisch-römische Einflüsse.

Und als er wieder fortging aus dem Gebiet von Tyrus, kam er durch Sidon an das Galiläische Meer, mitten in das Gebiet der Zehn Städte.“ Die Aussage des Evangelisten Markus über den Aufenthalt des Jesus von Nazareth außerhalb seiner Heimat Galiläa führt in einen der interessantesten Problemkreise des nördlichen Ostjordanlands. Das Gebiet der zehn Städte (griechisch: Dekapolis) gilt in den synoptischen Überlieferungen des Neuen Testaments als Inbegriff des nicht-jüdischen Heidentums: Hier hütete man Schweine (Matthäus 8, 28), die in den meisten semitischen Religionen nicht nur aus Hygiene-Gründen als Fleischlieferanten, sondern auch als Opfertiere für den Kult des griechischen Zeus inakzeptabel waren. Die Bewohner der städtischen Gemeinden bezeichneten sich selbst als „Griechen“ und beriefen sich auf die makedonischen Eroberer unter Alexander dem Großen und seinen Nachfolgern als „Gründer“ oder „Stammväter“. Allgemein geht man davon aus, daß die Dekapolis im Zug der Neuordnung des Orients unter Pompeius (63/64 v. Chr.) entstand; der kürzlich unterbreitete Vorschlag, den „Städtebund“ als Folge der Niederschlagung des ersten jüdischen Aufstands (71 n. Chr.) durch die flavischen Kaiser zu erklären, hat wenig Anklang gefunden.

Die urbanen Zentren wurden in der Neuzeit als Exponenten der „griechischen Kultur“ im Vorderen Orient betrachtet – eine unreflektierte Ansicht, die durch die Herkunft mehrerer im griechisch-römischen Kulturkreis hochangesehener Intellektueller bestätigt schien. So kamen einige Dichter, Redner und Wissenschaftler des Hellenismus und der römischen Kaiserzeit aus den ostjordanischen Städten Gadara und Gerasa. Diese erinnerten sich ihres orientalischen Ursprungs zwar stets mit einem gewissen Stolz, doch kaum einer der Gelehrten fand nach Jugendjahren in Rom, Griechenland oder Kleinasien je wieder in seine Heimat zurück. Die Annahme, im nördlichen Ostjordanland habe die griechische Kultur dominiert, verleitete zu vorschnellen Schlußfolgerungen. Man wollte in den dortigen „Griechenstädten“ einerseits eine politische „Speerspitze“ gegen das Judentum Palästinas, andererseits eine wirtschaftsgeographische Barriere gegen den nabatäischen Handel erkennen. Da wir abgesehen von vereinzelten Nachrichten in den Geschichtswerken eines Flavius Josephus keine aussagekräftigen Schriftquellen besitzen, haben erst die intensivierten archäologischen Forschungen der vergangenen drei Jahrzehnte dieses Bild der Dekapolis nachhaltig verändert.

Welche Region meinen wir, wenn wir heute von der Dekapolis sprechen? Nach allgemeinem Verständnis umfaßt sie ein Gebiet, welches im Norden von Hippos/Susita auf dem Südwestplateau des Golan und im Süden bis in das Territorium von Philadelphia (dem modernen Amman) reichte. Dies ist ein etwa 30 bis 40 Kilometer breiter Streifen entlang des zentralen Jordangrabens, der trotz seines gebirgigen Charakters landwirtschaftlich ertragreich ist und nach Osten in die bis nach Mesopotamien reichende Wüstensteppe übergeht. Eine Zeitlang rechnete man auch die fruchtbare südsyrische Ackerebene der Batanaea und die westlichen Abhänge des Basaltgebirges des Mons Alsadamus (Djebel al-Arab bzw. Hauran) hinzu.

In der ältesten Liste der Dekapolis, die uns vorliegt – sie ist in der Naturgeschichte des älteren Plinius (gestorben 79 n. Chr.) enthalten – erscheint darüber hinaus die syrische Metropole Damaskus in Gesellschaft von weiteren neun Stadtgemeinden: Gadara (Umm Qais, Jordanien), Hippos (Susita bzw. Qalat al-Husn, israelisch besetzter Golan), Dion (vermutlich Tell al-Ashari, Syrien), Pella (Tabaqat Fahl, Jordanien), Raphana (nicht sicher lokalisiert), Kanatha (Qanawat, Syrien), Philadelphia (Amman), Gerasa (Jerash, Jordanien) und – als einzige westlich des Jordans – Skythopolis (Beisan bzw. Beit Shean, Israel). Obwohl alle diese Städte in der römischen Kaiserzeit Münzrecht besaßen und zahlreiche öffentliche Bauten mit Inschriften versa?hen, bezeichnete sich keine in ihrer offiziellen Nomenklatur als „Mitglied der Dekapolis“…

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Prof. Dr. Thomas M. Weber

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