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„Nützliche Bürger“ statt Mönchen und Nonnen

Klosteraufhebungen in Österreich

„Nützliche Bürger“ statt Mönchen und Nonnen
In den 1780er Jahren hob Kaiser Joseph II. in seinen österreichischen Erblanden zahlreiche Klöster auf. Im Zeichen der Aufklärung erschienen Mönche und Nonnen als „unnütz“ – nicht einmal zum ersehnten Bevölkerungswachstum trugen sie bei … Auftakt zu einer dreiteiligen Serie über die Säkularisation in Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Die Zahl der Klöster in Österreich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war enorm groß, das Land verdiente wahrhaft den Namen „Klösterreich“. Nach einer ersten Welle von Klostergründungen in der Zeit der bayerischen Mission des heutigen Österreich (St. Peter und Nonnberg in Salzburg um 690, Mondsee 748, Innichen/San Candido 769, Kremsmünster 777 oder Mattsee 784) wurden vor allem im hohen Mittelalter im Zuge des Landesausbaus viele Klöster gegründet.

Die wichtigsten Orden waren die Benediktiner (zum Beispiel Lambach, Göttweig, Admont, St. Lambrecht, St. Paul, Melk, Seitenstetten, Altenburg, Wiener Schottenkloster), die Zisterzienser (zum Beispiel Rein, Heiligenkreuz, Lilienfeld, Zwettl, Wilhering, Neukloster in Wiener Neustadt, Stams, Schlierbach, Neuberg an der Mürz, Säusenstein, Baumgartenberg, Viktring, Engelszell), die Prämonstratenser (zum Beispiel Geras, Schlägl, Wilten) und die Augustiner-Chorherren (zum Beispiel St. Florian, Reichersberg, Herzogenburg, Klosterneuburg, Vorau). Weitere Klosterniederlassungen erfolgten vom 13. Jahrhundert an in den Städten durch die Bettelorden der franziskanischen Bewegung. Um 1300 gab es in Österreich 25 Minoritenklöster und acht Klarissenklöster, auch die Dominikaner gründeten damals eine Reihe von Konventen (Friesach, Wien, Wiener Neustadt, Krems, Retz, Graz, Steyr). Eine ganz andere Form von frommen Gemeinschaften betrieben die Eremitenorden, die sich ausschließlich dem beschaulichen Leben widmeten; sie kamen in der Zeit Josephs II. besonders unter Beschuß. Dazu gehörten als älteste Gründungen die im heutigen Slowenien liegenden Kartausen Seiz (Z¡ic· e, 1165) und Geirach (Jurklos¡ter , um 1170), wenig später folgten die bedeutenden Kartausen Mauerbach (1313), Gaming (1330) und Aggsbach (1380), die am Beginn der Klosteraufhebungen eine wichtige Rolle spielten.

Zwar bildete die Reformation einen dramatischen Einschnitt, aber durch die bald einsetzende Gegenreformation kam es in der Habsburgermonarchie zu zahlreichen Klostergründungen, einem regelrechten „Kloster-Boom“. Davon profitierten die Orden der Gegenreformation am meisten. Dazu gehörten auf männlicher Seite vor allem Jesuiten, Piaristen, Kapuziner, Barmherzige Brüder, Serviten, Unbeschuhte und Beschuhte Augustiner-Eremiten, auf weiblicher Seite Unbeschuhte Karmelitinnen, Ursulinen, Elisabethinerinnen, Sale-sianerinnen und Englische Fräulein. Sie widmeten sich der Jugenderziehung, der Volksmission, der Krankenpflege, aber auch dem kontemplativen Leben. In Wien und seinen Vorstädten gab es um 1660 25 Klöster; im Jahr 1700 waren es bereits 125. Um 1770 gab es in den habsburgischen Erbländern und in Ungarn 2163 Klöster mit etwa 45 000 Klosterangehörigen.

Wie fast alle Phänomene der Geschichte hatte auch der josephinische Klostersturm Vorläufer in der Vergangenheit. Die Reformation hatte für viele Klöster – besonders im Norden Deutschlands – das Aus bedeutet. Die Grundidee Josephs II. – Reduzierung der Klöster und dafür Vermehrung der Pfarreien – wurde sogar schon von seinem ganz in der Tradition des Barockkatholizismus stehenden Großvater Kaiser Karl VI. geteilt. Dieser sah das „notwendigste und zulänglichste Mittel“ gegen die „leidige Ketzerei“ in der „Restaurier- und Vermehrung der Pfarretheyen“. Daher begann man schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit dem Aufbau eines Säkularklerus.

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Auch unter Maria Theresia, der man im Gegensatz zu ihrem umstrittenen Sohn Joseph II. sicherlich keine antikirchliche Haltung vorwerfen konnte und deren Nähe zur Aufklärung gering war, traf man eine Reihe von Maßnahmen gegen die Klöster der Monarchie. 1751 kündigte Maria Theresia eine große „Remedur“ des Ordens- und Klosterwesens an. Die Grundtendenz war, daß die Orden nicht mehr eine privilegierte Stellung haben sollten, sondern Geistliche als Bürger und Untertanen des Staates gesehen wurden. Auch die Zahl der Mönche wurde zu limitieren versucht, das Profeßalter auf 24 Jahre angehoben. Von 1767 an durften Klöster neue Mönche nur noch als Ersatz für verstorbene oder unheilbar kranke Ordensmitglieder aufnehmen. Auch kam es unter Maria Theresia in der Lombardei schon zu Klosteraufhebungen (vor 1780 schon 80 Klöster).

Die Zeit der Klosteraufhebungen in den Kernländern der Habsburgermonarchie begann allerdings erst 1773. In diesem Jahr hob Maria Theresia – etwas widerwillig – den Jesuitenorden auf, der allerdings schon davor schrittweise aus manchen Führungspositionen verdrängt worden war. So war der Wiener Erzbischof Christoph Anton Graf Migazzi – später einer der Hauptgegner der Säkularisierungsbemühungen Josephs II. – auch ein großer Gegner der Jesuiten. Die Aufhebung des Jesuitenordens ging allerdings nicht vom österreichischen Staat oder von dessen Mon-archin aus, sondern war eine innere Angelegenheit der Kirche. Zwar kam der Anstoß von Portugal und Frankreich, aber letztlich war es Papst Clemens XIV., der am 21. Juli 1773 in seiner Bulle „Dominus ac redemptor“ die Societas Jesu aufhob. Ein Anfang der Klosteraufhebungen war damit gemacht, der in manchem als Vorbild für spätere Maßnahmen diente.

Verschiedenste Gedanken und Strömungen waren bei der Aufhebung der Klöster von maßgeblichem Einfluß gewesen, sie alle wurzeln letztlich in der Ideenwelt der Aufklärung. Der einflußreiche italienische Historiker, Priester und Philosoph Ludovico Antonio Muratori, der Religiosität und Rationalität zu verbinden suchte, sprach sich vor allem für die Abschaffung des Bettelwesens der Mendikanten (Dominikaner, Franziskaner) aus. Auch die Vertreter des noch jungen Zweigs der Bevölkerungswissenschaft (Populationistik) sahen die Zölibatäre als Schmarotzer und Staatszerstörer an.

Diese Ideen wurden auch von den Anhängern der Aufklärung um Joseph II. vertreten und publizistisch verbreitet. In einer Broschüre aus dem Jahr 1781 führt der Autor den „Beweis, daß die so vielen Klöster und die so große Zahl der Mönche dem Land großen Schaden bringen“ und die Absicht ihrer Stiftung durch sie nicht erreicht werde; er wetterte – ganz im Sinne Muratoris – gegen die zu große Zahl der Ordensleute, besonders in den Bettelorden.

Univ.Prof. Dr. Karl Vocelka

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