Friedrich III./I. hat es den Historikern nicht leicht gemacht. Er paßt nicht recht in die Klischees des sogenannten Preußentums. Schon bald nach seinem Tod im Februar des Jahres 1713 schien er einer vergangenen, ja untergegangenen Epoche angehört zu haben, der in Preußen nur vergleichsweise kurzen Phase des höfisch-barocken Herrschaftsstils, in diesem historischen Fall auf wenige Jahrzehnte beschränkt, im Unterschied zur europäischen Regel, wie sie durch Wien, Versailles oder Dresden vorgegeben schien. „Er war klein und verwachsen; seine Miene war stolz, seine Physiognomie gewöhnlich… Er war äußerst bestimmbar. Daher konnten diejenigen, die einen gewissen Einfluß auf ihn gewonnen hatten, seinen Geist nach Gefallen erregen oder beschwichtigen. Ließ er sich fortreißen, so geschah es aus Laune; war er sanft, so kam das von seiner Lässigkeit. Er verwechselte Eitelkeiten mit echter Größe. Ihm lag mehr an blendendem Glanz als am Nützlichen, das bloß gediegen ist. 30000 Untertanen opferte er in verschiedenen Kriegen des Kaisers und der Verbündeten, um sich die Königskrone zu verschaffen. Und er begehrte sie nur deshalb so heiß, weil er seinen Hang für das Zeremonienwesen befriedigen und seinen verschwenderischen Prunk durch Scheingründe rechtfertigen wollte. … Aber um welchen Preis erkaufte er sich das Vergnügen, seine Passionen zu befriedigen! Er verschacherte das Blut seines Volkes…“
Wolfgang Neugebauer