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Ritterschlag am Heiligen Grab

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Ritterschlag am Heiligen Grab
Im Frühjahr 1521 brach Ottheinrich von der Pfalz zu einer Pilgerfahrt in das Heilige Land auf. In Jerusalem wollte er die Würde eines Ritters vom Heiligen Grab erwerben. Trotz der fast an heutige Pauschalreisen erinnernden Vorbereitungen erlebte der junge Pfalzgraf dabei auch einige abenteuerliche Momente.

Der Wittelsbacher Ottheinrich von der Pfalz (1502 –1559) gilt als einer der bedeutendsten Reichsfürsten des 16. Jahrhunderts (siehe DAMALS 5 und 6-2002). Er führte die Reformation in seinen Territorien ein, förderte Kunst und Kultur und mischte sich energisch in die Reichspolitik ein. Sogar nach der Kaiserkrone soll er gegriffen haben. Doch in jungen Jahren hatte er ein ganz anderes Leben geführt. Turniere, Tanzen und auch sonst „viel Kurzweil“ erfüllten seine Tage, an Kriegszügen beteiligte er sich mit Vergnügen. Im Alter von 19 Jahren unternahm er eine Wallfahrt in das Heilige Land. In einem Tagebuch hielt Ottheinrich seine Erlebnisse fest. Die Erfahrungen, die er unterwegs machte, sollten noch lange Zeit nachwirken.

Ungewöhnlich war es allerdings nicht, was Ottheinrich erlebte. Zehntausende von christlichen Pilgern reisten im späten Mittelalter nach Palästina, um auf den Spuren Jesu, Marias und der Apostel zu wandeln. Auch Ablässe konnten sie in fast unendlicher Menge erwerben. Adlige Pilger nutzten darüber hinaus die Gelegenheit, Ruhm und Ehre zu gewinnen. Denn die Wallfahrt führte sie mitten in muslimisches, also feindliches Land und war mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Wer sie überstand, hatte eine Probe männlichen Betragens und ein Beispiel ritterlicher Lebensführung gegeben.

Das Abenteuer begann in Venedig. Denn hier stand die erforderliche Infrastruktur zur Verfügung, hier kamen die Heiliglandfahrer aus ganz Europa zusammen, und hier wurden die Weichen gestellt, damit die Reise gelang. Mit kleinem Gefolge, bestehend aus einem Hofmeister, drei weiteren adligen Herren und vier Dienstboten traf Ottheinrich am 3. Mai 1521 in Venedig ein und nahm im Deutschen Haus bei San Bartolomeo Quartier. Die folgenden vier Wochen verbrachte er mit Ausflügen, Besichtigungen und den Vorbereitungen der gefahrvollen Schiffsreise. Dazu gehörte der Einkauf von Matratzen, Küchengeschirr und Handtüchern, Zwieback und Wein, Speck, Wurst und lebenden Hühnern, Gewürzen und allen anderen notwendigen oder nützlichen Dingen, die ihm ein unbekannter Ratgeber aufgeschrieben hatte. An nichts sollte es dem jungen Mann fehlen. Ein Mitreisender erregte sich später darüber, wie die hohen Herren den Tag an Bord verschliefen, bis ihnen ihre feinen Speisen aufgetragen wurden.

Wichtiger als die Lebensmittelversorgung war jedoch die Auswahl eines geeigneten Schiffs und eines vertrauenswürdigen Kapitäns oder Patrons. Mit anderen deutschen, französischen, spanischen, niederlän?di?schen und italienischen Pilgern einigte man sich auf eine sogenannte schwere Galee (galea grossa) und schloß einen Chartervertrag, der in 28 Artikeln die Leistungen des Schiffseigners festlegte, weitere Kosten begrenzte und unnötige Aufenthalte vermeiden helfen sollte. Der Text ist erhalten und wirkt wie ein Knebelvertrag, der dem Patron jeglichen Spielraum nahm. Denn die Erfahrungen früherer Heiliglandpilger hatten gelehrt, daß die Interessen der Seeleute und jene der Passagiere erheblich auseinandergehen konnten. Leicht konnten daraus Konflikte entstehen. Ausgeklügelte Verträge sollten für Abhilfe sorgen. Daß dies nicht immer gelang und meist doch der Patron sich durchsetzen konnte, zeigt das Beispiel Ottheinrichs: Statt der vorgesehenen 100 Passagiere drängten schließlich 130 Pilger auf das Schiff, und auf der Rückfahrt mußte die Reisegruppe nicht acht, sondern 14 Tage auf Zypern warten, ehe der Kapitän die Reise fortsetzte. Die Verzögerung hatte einen einfachen Grund: Auf der Insel im östlichen Mittelmeer luden die Seeleute große Mengen Zucker auf das Schiff, die sie in Venedig verkaufen wollten – ein einträgliches Zusatzgeschäft.

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Die Schiffsreise selbst war an Entbehrungen reich und auch für den Pfalzgrafen kein Vergnügen. Gleich hinter dem Lido erhoben sich stürmische Winde, so daß den meisten Pilgern schlecht wurde. Auch die hygienischen Zustände und die Enge an Bord, fremdartige Speisen und das ungewohnte Klima setzten den Wallfahrern zu. Zudem gerieten sie im östlichen Mittelmeer in ein Kriegs- und Krisengebiet, in dem nicht nur die osmanische Flotte agierte, sondern auch Piraten und Waffenschmuggler ihr Unwesen trieben.

Man mußte also Vorsorge treffen. Ottheinrich besaß Aufzeichnungen, die vor den üblichen Krankheiten warnten und jeweils ein erprobtes Gegenmittel nannten. Vor allem regelmäßiger Stuhlgang wurde empfohlen, zur Vorbeugung sollte man „im Schiff üben mit Gehen oder Stillstehen, das hält einen bei guter Verdauung und verhütet viele Krankheiten“. Manche Pilger tranken zuviel schweren Wein, so daß sie nicht mehr stehen konnten, doch Ottheinrich gab immer etwas Wasser hinzu und blieb so von allen Krankheiten verschont.

Vor militärischen Komplikationen schützte man sich am besten, indem man sich an die übliche Route hielt und den venezianischen Machtbe?reich so spät wie möglich verließ. Die meisten Pilgerschiffe fuhren daher an der dalmatinischen Küste entlang, bogen bei Modon (Methoni an der Südwestspitze der Peloponnes) nach Osten ab und strebten in einer Art island hopping über Kreta, Rhodos, Zypern und die kleineren griechischen Inseln der syrisch-palästinischen Küste entgegen. Ottheinrichs Reisegruppe verhielt sich ganz ähnlich, ließ aber Kreta rechts und Zypern links liegen, um nur rasch in das Heilige Land zu gelangen. Frommer Eifer und die Ungeduld des zielstrebig Reisenden trieben sie an…

Von Kaisers Gnaden 500 Jahre Fürstentum Pfalz-Neuburg Am 30. Juli 2005 jährt sich zum 500. Mal der sogenannte Kölner Spruch, mit dem der König und spätere Kaiser Maximilian I. 1505 den Landshuter Erbfolgekrieg beendete und das Herrschaftsgebiet der Wittelsbacher-Herzöge von Grund auf neu ordnete. An diesen Akt erinnert die Bayerische Landesausstellung 2005 „Von Kaisers Gnaden! 500 Jahre Fürstentum Pfalz-Neuburg“, die noch bis zum 16. Oktober 2005 im Schloß der ehemaligen Residenzstadt Neuburg an der Donau zu sehen ist. Die Entscheidung Maximilians auf dem Reichstag zu Köln markiert einen Wendepunkt in der bayerischen Geschichte. Ein Großteil des Besitzes des letzten Herzogs von Bayern-Landshut, Georgs des Reichen, kam durch diesen Spruch an Albrecht IV. von Oberbayern. Damit wurde die jahrhundertelange Teilung des wittelsbachischen Territoriums in Bayern weitgehend überwunden – völlig beendet aber wurde sie nicht. Denn mit Pfalz-Neuburg löste Maximilian für die Enkel Georgs des Reichen ein neues Fürstentum aus dem Besitz des Gesamthauses heraus.

Der erste Teil der Ausstellung beleuchtet Ursachen, Verlauf und Ergebnis des Erbfolgekrieges. Der zweite Teil der Ausstellung behandelt vornehmlich die ersten Landesherren des neuen Fürstentums Pfalz-Neuburg, die Wittelsbacher-Brüder Ottheinrich und Philipp. Die unter Pfalzgraf Ottheinrich ausgestaltete Neuburger Residenz wurde ein Denkmal glanzvoller fürstlicher Repräsentation im Stil der Renaissance. Künste und Wissenschaften wurden hier mit größtem Aufwand gepflegt. In einem kurzen Ausblick wird die weitere Entwicklung des Fürstentums bis zum Ende des Alten Reichs gezeigt.

Die neu renovierten Räume des Neuburger Residenzschlosses bilden den authentischen Rahmen für die Ausstellung. Gezeigt wird eine Fülle hochrangiger Leihgaben aus ganz Europa. Hierzu gehören die kostbaren, für Ottheinrich geschaffenen Wandteppiche, die Alabasterfigur Ottheinrichs aus dem Pariser Louvre, die im Auftrag Ottheinrichs gefertigte Planetenuhr aus dem Technischen Museum Wien und der Küriß (Reiterharnisch) aus Schloß Ambras, den Ottheinrichs Bruder Philipp 1529 bei der Verteidigung Wiens gegen die Türken trug. Modernste Ausstellungstechnik, Inszenierungen und Multimedia-Stationen bringen dem Besucher eine glanzvolle Vergangenheit abwechslungsreich nahe.

Zu der Ausstellung erscheint im Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, ein reichbebilderter Katalog.

Prof. Dr. Folker Reichert

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Wissenschaftslexikon

Rein|zucht  〈f. 20; unz.〉 1 〈Biol.〉 Vermehrung innerhalb der Nachkommenschaft eines Ausgangselternpaares; Sy Inzucht ( … mehr

Birk|huhn  〈n. 12u; Zool.〉 Raufußhuhn europäischer Moore u. Heiden von der Größe des Haushuhns: Lyrurus tetrix

Sa|cha|rin  〈[–xa–] n. 11; unz.〉 künstlicher Süßstoff, chemisch ein Benzolsäuresulfimid; oV 〈fachsprachl.〉 Saccharin … mehr

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