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Schleichender Übergang in neue Zeiten

Das Ende der römischen Herrschaft in Deutschland

Schleichender Übergang in neue Zeiten
Die Auflösung der römischen Herrschaft im Gebiet des heutigen Deutschland erfolgte nicht als scharfer Bruch, sondern als fließender Übergang, der letztlich erst mit dem Ende des Weströmischen Reiches 476, zum Teil sogar erst im 6. Jahrhundert, abgeschlossen war.

In der Zeit um 200 blühte die Kultur in den römischen Grenzprovinzen. Kaiser Septimius Severus (193–211), dessen Herrschaft sich besonders auf das Militär stützte, hatte mit freigiebigen Solderhöhungen bewirkt, daß die Kaufkraft im Umfeld der Garnisonen an Rhein, Limes und Donau noch einmal kräftig stieg. Doch sollte dieser Blüte ein jäher Absturz folgen: Nach den Markomannenkriegen unter Kaiser Marc Aurel (161–180) erstarkten die Gegner Roms im germanischen Barbaricum jenseits der Reichsgrenzen. Es kam zu ganz neuen Koalitionen, die dann im 3. Jahrhundert zur Bildung von Großstämmen mit ungeahnter Kampfkraft führten: den Franken und Sachsen im Norden, den Alamannen und Juthungen im Süden. Zur gleichen Zeit geriet das römische Reich in der Zeit nach den Severern in gefährliche Wirren. Das Zeitalter der Soldatenkaiser brach an. In immer schnellerer Folge riefen römische Armeen ihre Kommandeure zu Gegenkaisern aus, oft mehrere auf einmal, natürlich aus nicht ganz uneigennützigen Gründen. Mit dieser Entwicklung gingen finanzielle Krisen, eine galoppierende Inflation, soziale Spannungen und Seuchenepidemien einher – das Reich stand mehrfach am Rande des Abgrunds!

In dieser Phase zunehmender Schwächung der Grenztruppen brach der Limes um 260 endgültig zusammen, zumal dieses Gebiet jetzt auch noch zur Front des Bürgerkriegs geworden war. Ob von einer Bürgerkriegspartei gerufen oder auf eigene Faust handelnd – Alamannen und Juthungen strömten nun in die Gebiete rechts des Rheins und nördlich der Donau und entrissen sie Rom für immer. Dennoch gingen die inneren Auseinandersetzungen in den Grenzprovinzen weiter!

Nicht nur im Limesgebiet häuften sich die Zeugnisse der Katastrophe. Auch in Gallien und den germanischen Provinzen links des Rheins wurden neben verstecktem Hausrat eine große Anzahl von Münzhorten gefunden – Zeugnisse der katastrophalen Verhältnisse im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts.

Der Verlust des rechtsrheinischen Limesgebietes hatte Rom wie in der frühen Kaiserzeit auf die Rhein-, Bodensee- und Donaugrenze zurückgeworfen. Erst unter Probus (276 –282) gelang es bis 281, diese Grenzen zu stabilisieren. Ein tragfähiger Neuanfang erfolgte aber erst mit der Einführung umfassender Reformen in der Spätantike. Diese Reformen, die man mit den Namen der Kaiser Diokletian (284–305) und Konstantin I. (306–337) verbindet, gaben dem Imperium Romanum nach der Katastrophe des 3. Jahrhunderts noch einmal eine Chance zu überleben, dem Westreich immerhin noch fast 200 Jahre, dem Ostreich, dem späteren byzantinischen Reich, eine weitaus längere Zeitspanne, letztlich bis in das Spätmittelalter hinein.

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Die Reformen beruhten auf Normierung und Kontrolle aller Lebensbereiche bei gleichzeitiger Stärkung der Zentralgewalten und der Bürokratie. Die seit Roms Anfängen charakteristische Einheit ziviler und militärischer Gewalt wurde jetzt mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Administrationen aufgelöst, die beiden Bereiche strikt getrennt. Die Verwaltungseinheiten wurden verkleinert und streng hierarchisch durchorganisiert.

Im Rahmen der Verwaltungsreform des Diokletian wurden die Provinzen wesentlich verkleinert; gleichzeitig erhöhte sich ihre Zahl von bislang 57 auf etwa 100 im Jahr 297 und rund 120 in der Zeit nach 400. Diese über 100 zum Teil neu gegliederten Provinzen des Reiches wurden in zwölf, später 17 Diözesen als übergeordneten Verwaltungseinheiten zusammengefaßt.

Die Reformen des Diokletian brachten für alle Provinzen auf heute deutschem Boden größere territorriale Veränderungen, mit Ausnahme der Germania Inferior. Das Gebiet dieser Provinz blieb wahrscheinlich unverändert, sie wurde lediglich in Germania II (Secunda) umbenannt. Obergermanien dagegen war durch den Limesfall auf einen Bruchteil seines früheren Bestandes geschrumpft. Der südlich von Straßburg gelegene Teil Obergermaniens wurde nun abgetrennt und der neu geschaffenenen Provinz Sequania, später Maxima Sequanorum mit der Hauptstadt Besançon/Vesontio zugeschlagen, der verbliebene Rest erhielt den Namen Germania Prima. Die beiden germanischen Provinzen waren Teil der nächsthöheren Verwaltungseinheit, der Diözese Galliarum. Auch Gallia Belgica und Raetien teilte man nun auf, in die Provinzen Belgica I (Prima) mit der Hauptstadt Trier und Belgica II (Secunda) mit der Hauptstat Reims. In der Raetia I (Prima) war wahrscheinlich Chur die Hauptstadt, in der Provinz Raetia II (Secunda) Augsburg. Noricum wurde entlang des Alpenhauptkammes in das nördliche Noricum ripense (Ufernorikum) und das südliche Noricum mediterraneum (Binnennorikum) aufgeteilt. Diokletian und Konstantin nutzten die Atempause, die das Nachlassen der feindlichen Angriffe von außen mit sich brachte, zu grundlegenden Veränderungen im römischen Heer. Spätestens seit der Regierungszeit Konstantins (306–337) war das römische Heer zweigeteilt: Es gab nun ein fest in den Grenzfestungen stationiertes Grenzheer, die Limitanei oder Riparienses, und ein im Hinterland beweglich operierendes Bewegungsheer, die Comitatenses. Gleichzeitig baute man die Kastelle zu Festungen aus, die oft mittelalterlichen Burgen ähnlicher sahen, als den Limeskastellen der vorausgehenden mittleren Kaiserzeit. Die Regierungszeit Konstantins I. war in Germanien durch mehrere Feldzüge gegen die Franken gekennzeichnet, die ins Rheinland eingefallen waren. Dazu war der Kaiser mehrfach auch persönlich am Rhein anwesend. Durch die Anlage von Festungen, etwa in Xanten, dem Haus Bürgel und dem Brückenkopfkastell von Köln-Deutz versuchte Konstantin, die Grenze zu stabilisieren. Auch im Hinterland entstanden nun vermehrt Kleinfestungen (burgi) und Kastelle, bzw. befestigte Städte. Konstantins Germanenpolitik sorgte erfolgreich für 20 Jahre Frieden am Rhein. In diesem Schutz konnte auch Trier als kaiserliche Residenzstadt eine späte Blüte erleben…

Prof. Dr. Thomas Fischer

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