Es ist der 6. Mai 1701. In den Straßen und Gassen Berlins brennen Lampen und Lichter, Fackeln und Freudenfeuer lassen die Stadt erstrahlen. Wo sich heute der Alexanderplatz befindet, sind sieben riesige Ehrenpforten aufgestellt, an denen zahlreiche Berliner Künstler und Baumeister Hand angelegt haben. Es ist der Tag, an dem das in Königsberg frisch gekrönte Königspaar Friedrich und Sophie Charlotte seinen feierlichen Einzug in die brandenburgische Hauptstadt hält. Sobald sich der Königszug der Stadt nähert, läuten alle Kirchenglocken gleichzeitig, und von den Schiffen auf der Spree, von den Stadtmauern und von der Marienkirche feuern 200 Kanonen zum Ehrensalut. Der Festzug kommt aus der Georgenstraße, nun Königsstraße, durch die Pforte der Friedrichstadt, überquert die Lange Brücke, an deren Neugestaltung Baumeister Andreas Schlüter zwei Jahre gearbeitet hat, und führt schließlich zum Königlichen Schloß. Majestätisch und voller Stolz blickt der bisherige Kurfürst, der sich von nun an König Friedrich I. nennt, auf die jubelnde Menschenmenge, die sich in den Straßen drängt. 17 Jahre zuvor, 1684, als Sophie Charlotte zum erstenmal an der Seite ihres Gemahls Friedrich, damals noch Kurprinz, hier eingezogen war, war Berlin noch eine eher beschauliche Stadt gewesen, die sich unter der langen Herrschaft des „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm (1640–1688) gerade von der Misere des Dreißigjährigen Krieges erholte.
Kohra Ghayegh-Pisheh