In den ersten zwei Dritteln des 19. Jahrhunderts waren die deutschen Territorien noch weit mehrheitlich agrarische Gebiete. Nur inselartig setzte seit den 1830er Jahren die Industrialisierung ein. Seit den 1850er Jahren, parallel zum Ausbau der Eisenbahn, begann der Aufschwung der Schwerindustrie, obwohl auch das Ruhrgebiet zu der Zeit hauptsächlich noch „grüne Wiese“ war. Der Zuzug in die Städte nahm zwar zu, aber von Städtewachstum konnte noch keine Rede sein. Die Zuwanderer drängten sich in den mittelalterlichen Quartieren der Innenstädte zusammen, die Zustände verschlimmerten sich bis zur Unerträglichkeit. Die Hauptträger der gewerblichen Produktion blieben weiterhin das städtische Handwerk und das ländliche Heimgewerbe.
Dieses produzierende städtische Gewerbe geriet zunehmend unter den Einfluss von Kaufmannskapital. Kaufleute schoben sich im Handwerk zwischen Produzenten und Kunden und profitierten davon, den Herstellern von Ware einen Marktzugang zu bahnen – und dabei ihre Preise nach Kräften zu drücken. Andere Handwerker mussten sich in ihrer Kapitalarmut bei Kaufleuten verschulden und verpfändeten zeitweise ihre ganze Produktion. Deswegen ist die Gegenüberstellung von in Traditionen erstarrtem „altem Handwerk“ und „dynamischer Industrie“, so wie es in der Forschung lange betrachtet worden ist, ein Mythos: Denn lange bevor sich das Fabriksystem ausbreitete – und auch viele ehemals kleine Werkstätten zu Fabrikbetrieben machte, wie vor allem in Südwestdeutschland – bemächtigte sich die kapitalistische Kommerzialisierung der handwerklichen Produktions- und Betriebsformen und setzte diese unter Druck.
Den vollständigen Artikel finden Sie in DAMALS 02/2013.
Prof. Dr. Thomas Welskopp