Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Stadt und Herrschaft

Geschichte(n) ausgestellt

Stadt und Herrschaft
Seit der frühen Neuzeit suchten die wirtschaftlich erstarkten Städte nach neuen Formen, ihre politische Rolle und ihr Selbstverständnis auszudrücken – ein Prozess, der sich auch stark in der materiellen Kultur widerspiegelt.

Bern im 18. Jahrhundert – das war eine wohlhabende Stadt, die über einen großen Staat herrschte. Zu ihm gehörte seit den Burgunderkriegen (1474–1477) zwischen dem Herzogtum Burgund und der Eidgenossenschaft bzw. definitiv seit 1536 auch die Waadt. Seit 1528 war, nicht ohne Schwierigkeiten, die Reformation eingeführt worden. In der Folge des Westfälischen Friedens von 1648 hatte sich Bern endgültig vom Reich gelöst und volle Souveränität erhalten.

Regiert wurden Stadt und Republik Bern von einem 200 bis 299 Mitglieder umfassenden Großen Rat (wie das Berner Kantonsparlament auch heute noch heißt). Die Mitgliedschaft in ihm setzte voraus, dass man regimentsfähig (zur Herrschaft zugelassen) war, also einer Familie angehörte, die das Berner Burgerrecht besaß. Dessen Neuerwerb war im 17. Jahrhundert stark eingeschränkt, dann vollständig ausgeschlossen worden. Diese Tendenz, sich abzuschließen, begrenzte auch die Möglichkeiten, Zugang zu einträglichen Ämtern zu erhalten, war dieser doch zwingend an die Mitgliedschaft im Großen Rat gebunden.

Noch eingeschränkter war der Kreis derjenigen, aus denen sich der Kleine Rat rekrutierte, der de facto die Entscheidungen traf. Hier waren nur Mitglieder des rund 80 Familien umfassenden Berner Patriziats ver‧treten. Es handelte sich, so Thomas Maissen in seiner „Geschichte der Schweiz“, um ein unverhülltes Patrizierregiment. Erbaristokratische Tendenzen waren unübersehbar, auch wenn nominell das republikanische Ideal der Gleichheit unter den Regimentsfähigen aufrechterhalten wurde.

An der Spitze der vom Kleinen Rat gebildeten Regierung stand ein Schultheiß. 1735 nahm erstmals der amtierende Schultheiß Isaak Steiger – er entstammte einer Patrizierfamilie, die seit 1542 das Burgerrecht in Bern besaß – auf dem auf Seite 70 abge‧bildeten prächtigen barocken Schultheißenthron Platz. Dessen Schöpfer war der Bildhauer und Bildschnitzer Johann Friedrich Funk, der seit 1731 in Bern eine Werkstatt betrieb. Mit einem repräsentativen Hauszeichen für ein Zunfthaus hatte er rasch Renommee erworben. So beauftragte man ihn auch damit, einen neuen Schultheißenthron für die große Burgerstube im Berner Rathaus zu schaffen. Anlass war die Burgerbesatzung des Jahres 1735, das heißt die Erneuerung des Großen Rats; nach der bernischen Wahlordnung wurde er etwa alle zehn Jahre ergänzt.

Anzeige

Der Schultheißenthron war zunächst mit einem Baldachin und einer Justitia bekrönt. Das imposante Stück zeigt geradezu beispielhaft, wie eine selbstbewusste republikanische Stadtregierung sich die opulenten Ausdrucksformen höfischer Repräsentation zu eigen machte – vielleicht aber auch, wie unverblümt das Berner Patriziat für sich damals eine aristokratische Sonderstellung beanspruchte. Laut Quirinus Reichen, dem zuständigen Kurator, äußerten sich ausländische Besucher der Stadtrepublik denn auch höchst erstaunt über die unerwartete Pracht. Der „Thron“ diente den Berner Schultheißen rund 100 Jahre, bevor er in die ZeughausSammlung und schließlich ins Bernische Historische Museum kam.

Dr. Marlene P. Hiller

Anzeige
DAMALS | Aktuelles Heft
Bildband DAMALS Galerie
Der Podcast zur Geschichte

Geschichten von Alexander dem Großen bis ins 21. Jahrhundert. 2x im Monat reden zwei Historiker über ein Thema aus der Geschichte. In Kooperation mit DAMALS - Das Magazin für Geschichte.
Hören Sie hier die aktuelle Episode:
 
Anzeige
Wissenschaftslexikon

Ami|no|grup|pe  〈f. 19; Chem.〉 die Atomgruppierung –NH 2 mehr

krop|fig  〈Adj.〉 oV kröpfig 1 mit Kropf behaftet … mehr

Ro|bin|so|na|de  〈f. 19〉 1 〈Lit.〉 Roman in der Art des ”Robinson Crusoe“ 2 Abenteuer eines Schiffbrüchigen … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige