Als die Brüder Grimm seit etwa 1806 begannen, sich intensiver mit den Gegenständen einer „deutschen Altertumskunde“ zu beschäftigen, lagen sie im Trend einer jüngeren Entwicklung ihrer Zeit. Das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, der Zusammenbruch Preußens und die napoleonische Besetzung Deutschlands bewirkten einen nationalkulturellen Schock. Gerade bei den jungen Intellektuellen der Zeit resultierte aus diesen politischen Erfahrungen eine beinahe fiebrige Identitätssuche.
Durch die Erinnerung und den Anschluss an eine verlorene Vergangenheit hoffte man eine Wiederherstellung der Identität zu erreichen. Vielfältige Bemühungen um die Wiederentdeckung und Veröffentlichung „altdeutscher“ Literaturzeugnisse zielten auf eine Revitalisierung der nationalen Gegenwartskultur und die Wiedergewinnung verlorener nationaler Stärke ab.
Als „Nibelungensüchtige“ und „Minneliederliche“ wurden die Grimms und ihre Mitstreiter von manchem Zeitgenossen verspottet. Die Mitglieder der neuen Zunft waren sich auch keinesfalls einig. Aus gemeinsamem Interesse wurde schnell Konkurrenz. Die Tatsache, dass es noch keine eigene Wissenschaft mit Versorgungsmöglichkeiten gab – die erste Professur für deutsche Sprache wurde 1810 eingerichtet und blieb für längere Zeit auch die einzige –, verschärfte die Situation. …
Den vollständigen Artikel finden Sie in DAMALS 05/2013.
Prof. Dr. Lothar Bluhm