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Von der Reichswehr zur Wehrmacht

Militär und Politik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Von der Reichswehr zur Wehrmacht
Ohne die spezifische Tradition der Armee im politischen System des Deutschen Reiches und die Gewöhnung der Gesellschaft daran wäre der Zweite Weltkrieg wohl nicht so leicht zu entfesseln gewesen. Das Wechselverhältnis zwischen Militär und Politik seit dem Kaiserreich bildet daher eine Herausforderung für die zeithistorische Analyse.

Seit seiner Wahl zum Reichspräsidenten 1925 verkörperte Paul von Hindenburg etwas, das es nicht mehr gab: die Räson der Militärmon-archie, in der Staat und Armee in der Person des preußischen Königs eine Einheit bildeten. Diese nostalgische Fiktion entsprach weder dem Verfassungsstaat von Weimar noch der Realität militärischer Entwicklung in technischer wie politischer Hinsicht seit dem Ersten Weltkrieg. In der Zeit der Weimarer Republik bahnten sich vielmehr durch Industrialisierung und Krieg angestoßene Veränderungen an. Diese Entwicklung lief nicht nur auf Hitler zu und ermöglichte dessen Entschlossenheit zu einem neuen Krieg, sondern sie kennzeichnete auch, dass sich im Bereich von Staats- und Reichswehrverwaltung sowie im Verhältnis von Wirtschaft und Staat ein struktureller Zusammenhang ausbildete, der das Militär zum „gesamtgesellschaftlich agierenden Organisator von Gewalt“ werden ließ.

Schon der Erste Weltkrieg hatte zu einer Kräfteverschiebung zwischen der zivilen Reichsleitung und der Obersten Heeresleitung geführt, was allerdings bereits im Schlieffen-Plan angelegt war. Dessen Merkmal bestand darin, die politische Dimension von Kriegsvorbereitung und Kriegführung geringzuschätzen: Alfred von Schlieffen kalkulierte den Bruch des europäischen Völkerrechts ein, als er seinem Konzept den Durchmarsch der deutschen Truppen durch Belgien zugrunde legte. Die Reichsregierung erfuhr von diesen Überlegungen erstmals im Jahr 1900, Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg lernte sie nach der Amtsübernahme 1909 kennen – und hielt die Politik für nicht befugt, sich in militärische Belange einzumischen. Den Schlieffen-Plan betrachtete die Reichsleitung durchgängig als rein militärische Angelegenheit.

Darin spiegelte sich die Gewichtsverteilung zwischen ziviler und militärischer Macht vor 1914. Der Mon-arch bildete in diesem System die einheitliche Bezugsgröße für die zivilen und militärischen Führungspersonen, und da Wilhelm II. sich selbst als Soldat verstand, besaß das Mili-tär – anders als zur Zeit Bismarcks – den Vorrang vor der Politik. Im Verlauf des Krieges verstärkte sich dann die Macht des Generalstabs immer mehr, der Einfluss des Reichskanzlers sank.

Im Sommer 1918 konnten auch die Generäle die Aussichtslosigkeit des Krieges nicht länger bestreiten und begannen mit der Suche nach Ausflüchten, die die Verantwortung für den militärischen Zusammenbruch von der Armee auf die „Heimat“ abwälzen sollten. Von der zivilen Regierung Verhandlungen über den Waffenstillstand zu fordern und gleichzeitig die „Dolchstoßlegende“ in Umlauf zu bringen, zeigte im Oktober und November 1918 das ganze Ausmaß der politischen Inkompetenz der Obersten Heeresleitung, die gleichwohl nicht von dem traditionellen Anspruch abließ, dass die Armee im borussischen Militärstaat die herausgehobene Rolle einzunehmen habe.

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Nun brach das alles zusammen. Die preußische Militärmonarchie war gescheitert, Kaiser Wilhelm bei Nacht und Nebel ins neutrale Ausland geflohen. Der Dualismus von Militär und Politik als gleichberechtigte Größen konnte kein Orientierungsmuster für die Zukunft sein. Doch die Chance, diese schwierige Beziehung verfassungsrechtlich und politisch neu zu regeln, verstrich ungenutzt. In der Revolution demonstrierte die Armee sogleich ihre neue innenpolitische Bedeutung. Und die Sozialdemokraten im Rat der Volksbeauftragten konnten sich aus Furcht vor einer Bolschewisierung Deutschlands nicht dazu entschließen, die überkommene Militärstruktur aufzulösen und eine Volksmiliz zu bilden…

Prof. Dr. Anselm Doering-Manteuffel

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