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Wenn Pferde zu Stars werden

Die Galopprennen in Iffezheim

Wenn Pferde zu Stars werden
Seit 150 Jahren ist „Iffezheim“ ein Synonym für hochklassigen Pferdesport in Deutschland. Doch um Sport allein ist es auf der Rennbahn bei Baden-Baden nie gegangen: Die großen Galopprennen sind stets auch ein gesellschaftliches Ereignis gewesen, und die Aussicht auf große Gewinne zieht die Besucher bis heute magisch an.

Galopprennen mit englischen Vollblütern haben in Deutschland eine lange Geschichte, die bis in das Jahr 1822 zurückreicht, als in Bad Doberan die ersten Rennen gelaufen wurden. Wenngleich sie hierzulande heute allenfalls eine Randsportart sind, gibt es doch im deutschen Turf Veranstaltungen mit langer Tradition und fortdauernder internationaler Bedeutung, was vor allem für die Pferderennen in Iffezheim bei Baden-Baden zutrifft. Diese nahmen ihren Anfang vor genau 150 Jahren, als am 5. September 1858 die ersten Rennen gestartet wurden. Ihre Existenz verdanken sie letztlich einem Mann: Édouard Bénazet. Er hatte 1848 die Pacht der Spielbank in Baden-Baden von seinem Vater übernommen und suchte bald darauf eine neue Attraktion, um die Anziehungskraft des Badeorts und damit die seines Unternehmens zu steigern.

Baden-Baden, das um 1850 den Rang einer Sommerresidenz der feinen Gesellschaft Europas einnahm, zog damals in starkem Maß vornehme Gäste aus Frankreich an, bei denen Pferderennen seit den 1830er Jahren immer beliebter geworden waren. Für Bénazet lag es daher wohl nahe, der Vorliebe seiner Landsleute entgegenzukommen. Von 1856 an errichtete er auf einem Gelände nahe dem Dorf Iffezheim eine Rennbahn mit drei Besucherpavillons. Für die Finanzierung der Preisgelder und Ehrenpreise kam die Spielbank auf. Da die erste dreitägige Veranstaltung ein Erfolg wurde und das noble Publikum auf die Bahn strömte, wurde sie in den folgenden Jahren fortgeführt.

Doch schon 13 Jahre später drohte das Ende. Infolge des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 boykottierten die bis dato dominierenden französischen Besitzer die Badener Rennen. Schwerwiegender war aber, dass die Spielbank in der Kurstadt aufgrund eines Reichsgesetzes Ende Oktober 1872 schließen musste. Damit war die finanzielle Grundlage der Rennveranstaltungen verlorengegangen. Nur durch den Einsatz der inzwischen recht zahlreichen rennsportbegeisterten Männer aus Adel und Hochfinanz wie dem Fürsten zu Fürstenberg oder dem russischen Fürsten Menschikow konnte das Überleben der Rennen weiter gesichert werden. Zu ihrer weiteren Durchführung gründete man am 26. November 1872 den Internationalen Club, der die Rennveranstaltungen bis heute „unter Wahrung ihres internationalen Charakters“ durchführt (so die Satzung).

Startete Bénazet 1858 mit einem Programm von 15 Rennen an drei Renntagen, so haben sich die Veranstaltungen in Iffezheim seither sehr erweitert: 2007 fanden drei Meetings im Frühjahr, Spätsommer und Herbst statt, mit insgesamt 15 Renntagen und 133 Prüfungen. Viele Rennen gehören zu den international höchsten Kategorien im Galoppsport (so-genannte Gruppe-Rennen). Dazu gehören auch einige der Iffezheimer Traditionsrennen, wie das „Zukunftsrennen“ für den zweijährigen Galoppernachwuchs, das erstmals 1859 ausgetragen wurde. Neben Flachrennen werden in Iffezheim auch bedeutende Hindernisrennen durchgeführt, so das Alte Badener Jagdrennen, das 1861 erstmals zur Austragung kam. Die mit Abstand wichtigste Prüfung ist jedoch der seit dem ersten Meeting gelaufene Große Preis von Baden. Kein anderes Rennen in Deutschland besitzt sein internationales Renommee und seine züchterisch-sportliche Bedeutung, mit Ausnahme vielleicht des Deutschen Derbys in Hamburg.

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Sportlich standen die Anfangsjahre des Baden-Badener Meetings ganz im Zeichen der französischen Pferde. Sie gewannen fast alle wichtigen Rennen. Erst mit deren Ausbleiben nach 1870 drängten verstärkt deutsche und englische Vollblüter sowie Pferde aus Österreich-Ungarn in die Siegerlisten. Der erste wirkliche vierbeinige Star in Iffezheim war dann auch eine Stute aus Österreich-Ungarn: Kincsem. In ihrer von 1876 bis 1879 andauernden Rennkarriere ging sie 54-mal an den Start und blieb unbesiegt. Dies ist eine bis heute unerreichte Bilanz, zumal die reisefreudige Stute ihre Siege gegen stärkste Gegner in Ungarn, Österreich, Deutschland, England und Frankreich errang. In Iffezheim war Kincsem als erstes Pferd dreimal nacheinander (1877–1879) im Großen Preis von Baden erfolgreich. Zur Erinnerung an dieses große Rennpferd ist dort heute noch ein Rennen nach ihm benannt, und der nördliche Turm der Tribüne trägt seinen Namen…

Dr. Martin Furtwängler

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