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Wie Perlen an einer Kette

Baltische Städte

Wie Perlen an einer Kette
Gern wird versucht, die Grundzüge der Geschichte von Staaten in der Geschichte ihrer wichtigsten Städte wiederzufinden. Bei den noch jungen baltischen Republiken, die Ziel der nächsten DAMALS-Leserreise sind, bieten sich mindestens jeweils drei Städte für aufschlussreiche Vergleiche an.

Will man baltische Geschichte im Gesicht von Städten widergespiegelt finden, so genügt es nicht, stellvertretend für den jeweiligen Rest der drei Länder deren Hauptstädte in den Blick zu nehmen – auch wenn Riga, Tallinn und Vilnius schon allein manches hergeben, was sie für Vergleiche interessant macht: Beim Umgang mit dem Thema „Hanse“ beispielsweise fällt auf, dass Estlands Hauptstadt Tallinn, das frühere Reval, sich dem damit verbundenen geschichtlichen Erbe etwas unbefangener nähert als das lettische Riga. Gewiss ist dies zunächst eine Frage touristischer Vermarktungskonzepte – aber eben nicht ausschließlich.

Das Stichwort „Hanse“ steht für den kulturellen Einfluss, den im heutigen Gebiet Estlands und Lettlands über 700 Jahre lang unter wechselnden Fremdherrschaften die stets im Land verbliebenen Deutschen ausübten. Und obwohl nach den Erfahrungen von fünf Jahrzehnten Sowjetherrschaft dieser einstige deutsche Einfluss überwiegend positiv gesehen wird, scheint er doch in unterschiedlicher Weise beurteilt zu werden. Wirkt dabei eventuell der Umstand nach, dass die deutsche Minderheit, ehe sie Ende 1939 im Gefolge des Hitler-Stalin-Pakts umgesiedelt wurde, in Riga prozentual stärker vertreten war als in Tallinn?

Statt hierüber zu spekulieren (und damit Vilnius, wo Hanse-Kaufleute und andere Deutsche weit weniger in Erscheinung traten, von vornherein auszuklammern), sollte der Fokus eher auf andere Städte ausgeweitet werden, zum Beispiel auf die Universitätsstadt Tartu, die sich, jahrzehntelang in der Nähe sowjetischer Mili-tärobjekte gelegen und dadurch beinahe isoliert, heute umso weltoffener geben kann. Ihr Nimbus, Estlands „zweite Hauptstadt“ zu sein, hängt mit ihrer Rolle als geistiges Zentrum zusammen, die viel weiter zurückreicht als die Geschichte Estlands als Staat: Gerade im Rahmen des vorangegangenen nationalen Erwachens war Dorpat, wie die Stadt bis ins späte 19. Jahrhundert hieß, Schauplatz wesentlicher Ereignisse und Entwicklungen. Die heutigen estnischen Nationalfarben gehen auf die Farben des damals gegründeten „Vereins Studierender Esten“ zurück.

Auch die wenigen Letten, die zu dieser Zeit studierten, taten dies zumeist in Dorpat bzw. Tartu. Lediglich denjenigen, die einen technischen Beruf anstrebten, bot seit 1862 auch Riga geeignete Ausbildungsmöglichkeiten. Dass eine lettische nationale Bewegung sich im späten 19. Jahrhundert vornehmlich in Riga formierte, beruht demnach kaum auf der Wirkung von Bildungseinrichtungen, sondern war Folge des massenhaften Zustroms lettischer Arbeiter, für die in der rasant wachsenden Industriemetropole am Westrand des Zarenreichs zunächst einmal Fürsorge- und Selbsthilfeorganisationen geschaffen werden mussten.

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Die Bevölkerungszusammensetzung kehrte sich während dieser Zeit um: Noch um 1860 waren in Riga die Deutschen in der relativen Mehrheit, um 1900 hingegen die Letten – ein Wechsel, der sich eigendynamisch ohne staatlichen Dirigismus vollzog. Diesen bekamen die großen Städte Lettlands und Estlands, was ihre Einwohnerstruktur anbelangt, erst in der Sowjetzeit von 1940 an zu spüren, als zentrale Moskauer Stellen eine Vervielfachung des Anteils von Russen, Ukrainern und Weißrussen an der jeweiligen Stadtbevölkerung in die Wege leiteten. Sinnbild der planmäßigen Überfremdung des Baltikums mit Industriearbeitern aus anderen Sowjetrepubliken sind die neuen Vorstadtgürtel, die sich um die bereits bestehenden älteren Vorstädte Rigas und Tallinns legten.

Vereinzelt identifiziert man mit den betreffenden Vorgängen aber auch ganze Städte. Hierfür ein Beispiel aus Estland: Der markanteste Kontrast zwischen zwei Städten ist derjenige zwischen Tallinn und der ganz im Nordosten gelegenen Grenzstadt Narva. Zu den Kuriositäten, an denen sich dies festmachen lässt, gehört, dass man in Narva auf Estlands letzte noch nicht aus dem öffentlichen Raum verbannte Lenin-Statue trifft: Von dem Ort, an dem sie jahrzehntelang aufgestellt war, hat sie sich nur geringfügig entfernt und ist der Grenze zu Russland dabei ironischerweise noch ein Stück näher gerückt. Dass der Weg von dort nach Sankt Petersburg deutlich kürzer ist als der nach Tallinn oder Tartu, beeinflusst aber auch unabhängig vom Überdauern eines solchen Denkmals die Art, wie die Stadt innerhalb Estlands wahrgenommen wird – als zutiefst östlich im Gegensatz zu dem als westlich geltenden Tallinn…

DAMALS-Leserreise ins Baltikum Die baltischen Länder gehören zu den interessantesten Reisezielen Europas. Bei der DAMALS-Leserreise lernen wir aber nicht nur Estland, Lettland und Litauen intensiv kennen, sondern besuchen darüber hinaus auch Kaliningrad, das früher Königsberg hieß. Unser Reiseleiter ist Dr. Andreas Fülberth von der Universität Kiel

Die Organisation der Reise liegt bei dem Veranstalter Conti-Reisen, der auch für die örtliche Reisebegleitung sorgt. Die 15-tägige Reise kostet 2800 Euro pro Person im DZ.

Ausführliche Informationen über Tourverlauf, Preise und Leistungen erhalten Sie in einem Faltblatt, das Sie anfordern können bei:

Redaktion DAMALS z. Hd. Frau Stefanie Ahmann Ernst-Mey-Straße 8 70771 Leinfelden-Echterdingen

Tel. +49 / (0) 7 11/ 75 94 - 447 Fax +49 / (0) 7 11/ 75 94 -5836 E-Mail: stefanie.ahmann@konradin.de

Dr. Andreas Fülberth

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