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Wir sind nun Orientalen geworden

Die Anfänge der Kreuzfahrerherrschaften

Wir sind nun Orientalen geworden
Zwischen 1097 und 1109 entstanden vier Kreuzfahrerherrschaften: das KönigreichJerusalem, das Fürstentum Antiochia, die Grafschaft Edessa und die Grafschaft Tripolis. Zum Erstaunen von Neuankömmlingen hatten die Kreuzfahrer sich dort bald der orientalischen Lebensweise angepaßt und auf ein leidliches Nebeneinander mit den anderen christlichen Konfessionen und den Muslimen geeinigt.

Nach dem Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. auf dem Konzil von Clermont brachen im August 1096 mehrere Kontingente auf. Fünf größere Heere mit ihren jeweiligen Anführern lassen sich ausmachen: Die größte Gruppe führte Graf Raimund IV. von Toulouse (um 1041 – 1105) mit den Süd- und Westfranzosen an; Herzog Gottfried V. von Niederlothringen (um 1060 –1100, genannt Gottfried von Bouillon) und sein Bruder Balduin von Boulogne (1058 –1118) befehligten die Lothringer, Herzog Robert II. von der Normandie, Graf Robert II. von Flandern und Graf Stephan von Blois die französischen Normannen und die Flamen, Bohemund von Tarent die süditalienischen Normannen. An der Spitze eines weiteren französischen Kontingents stand Hugo von Vermandois, der Bruder König Philipps I.

Obwohl Raimund von Toulouse aufgrund seiner engen Beziehungen zu Papst Urban II. oft als militärischer Führer des Kreuzzugs angesehen wird, gab es keinen tatsächlichen Oberbefehlshaber. Die verschiedenen Gruppen zogen weitgehend getrennt voneinander und auf unterschiedlichen Wegen nach Osten und trafen erst in Byzanz oder Kleinasien zusammen. Der byzantinische Kaiser Alexios I. Komnenos rang hier den genannten Anführern einen Treueid ab, verbunden mit dem Versprechen, ihm alle eroberten Gebiete zu unterstellen, die einst dem Byzantinischen Reich angehört hatten. Dies bedeutete, daß die Kreuzfahrer in dem von ihnen ins Auge gefaßten Raum, also in erster Linie Palästina, keine eigenen Herrschaften aufbauen sollten, sondern die von ihnen eroberten Landstriche an Byzanz hätten übergeben müssen. Auch von einer anschließenden Rückerstattung als Lehen an die potentiellen Eroberer war in den Eiden keine Rede. Zudem blieb gänzlich unklar, wie weit die byzantinischen Ansprüche überhaupt gingen: Viele Gebiete waren dem Byzantinischen Reich schon Jahrhunderte zuvor verlorengegangen, einige erst durch die Expansion der Seldschuken im 11. Jahrhundert. Insofern blieb den Kreuzfahrern allenfalls die Möglichkeit, als gutbezahlte Söldner des byzantinischen Kaisers in den von ihnen eroberten Gebieten zu bleiben.

Diese Situation führte zwar zu erbittertem Widerstand seitens der Anführer des Kreuzheeres, doch hatten sie gar keine andere Wahl, als die geforderten Eide trotzdem zu leisten, weil sie ohne das Wohlwollen des Kaisers nicht über den Bosporus gelangen konnten. In ihrem Widerstand wird aber deutlich, daß sie von vornherein Hoffnungen auf Herrschaften oder Gewinne im Orient hatten. Nachdem im Mai 1097 alle Kontingente über den Bosporus verschifft waren, begann der schwierige Weg durch die feindlichen Gebiete Kleinasiens. Schätzungen über die Größe des vereinigten Trosses gehen deutlich auseinander; man wird aber von einer Gesamtzahl von rund 60 000 bis 100 000 Kreuzzugsteilnehmern ausgehen müssen, darunter jedoch auch etwa 30 000 Unbewaffneten. Nach erschöpfenden Gefechten, Schlachten und Eroberungen kam das Heer, auf etwa 40 000 Personen reduziert, schließlich Ende Oktober 1097 vor der großen und stark befestigten Stadt Antiochia an. Nach achtmonatiger Belagerung fiel die Stadt in die Hände der Kreuzfahrer.

Thomas Haas

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