Viele Forscher unterschiedlichster wissenschaftlicher Disziplinen von der Soziologie über die Ökonomie bis zur Gehirnforschung haben sich mit diesem Langzeitexperiment beschäftigt, in dem atavistische Verhaltensmuster mit charakterlichen und physiologischen Unzulänglichkeiten eine brisante Mischung eingehen. Der amerikanische Journalist Tom Vanderbilt zitiert sie alle. Zur Sprache kommen das Elend der Pendler, der Fluch des Staus und die Ohnmacht der Verkehrsplaner, auch die verhängnisvollen Folgen zwanghaft falscher Reaktionen, von Selbstbetrug und Überforderung. Eine wahrhaft inhumane Versuchsanordnung
also, der sich jeder Autofahrer täglich aussetzt.
Doch Vanderbilt verweist nicht nur auf die Probleme, sondern zeigt auch Lösungsmöglichkeiten. Und er beschränkt sich bei seinen Szenarien nicht auf US-amerikanische Verhältnisse, sondern bezieht europäische und asiatische Aspekte und Forschungsansätze mit ein. Trotz der Fülle an Fakten, Studien und Theorien erweist sich dieses Kompendium automobiler Daseinsbewältigung als spannende, lehrreiche und bekömmliche Lektüre, zumal der Autor weitergehende Verweise und Detailerläuterungen ins Kleingedruckte verbannt hat. Über 70 Seiten umfasst der Fußnotenteil im Anhang. Eine optische Reverenz an die Ameisen, denen Stauprobleme fremd sind?
Hans Schmidt