Aus seinem Leben und seiner Forschung ist ein informatives und unterhaltsames Buch entstanden. Holsboer erzählt von seinem Werdegang: aufgewachsen in einem Schwabinger Künstlerhaushalt, mäßiger Schüler, Schulfreund von Rainer Werner Fassbinder, Studentenbewegung, Swinging Sixties in London. Auch so können sich außergewöhnliche Wissenschaftler entwickeln.
Holsboers Forschung nach dem Ansatz Gefühle sind letztlich molekularbiologische Veränderungen in den Nervenzellen machte ihn zum meist zitierten Naturwissenschaftler Deutschlands. Seit 20 Jahren erforscht er Depressionen. Den Lesern erklärt er verständlich, wie sie entstehen, welche Symptome und Ursachen sie haben und wie man sie behandeln kann. Ausführlich erläutert er seine Vision einer zukünftigen Medizin: Statt um Reparatur geht es dabei um Prävention, wobei der Mensch als Individuum erfasst wird.
Depressionen aber werden nicht verschwinden. Denn die Stressfaktoren nehmen zu: widersprüchliche und pessimistische Zukunftsszenarien fördern Ängste und unbestimmte Sorgen vor dem, was kommt. Gegen Ende des Buches wird Holboer damit gesellschaftskritisch. Auch das ist lesenswert.
Heinz Horeis