Die Geschichte des ersten Schachautomaten und seiner abenteuerlichen Reise um die Welt
Schach dem Okzident GESCHNIEGELTER SCHNAUZER, tadelloser Turban, Hermelin vom Feinsten an der Orientalen-Weste: Der Schach spielende Türke des Wolfgang von Kempelen machte 1770, bei seiner Premiere vor der Kaiserin Maria Theresia, ordentlich was her, wiewohl aus Holz gefertigt. Mehr jedenfalls als die schwarze Kiste von IBM (1,4 Tonnen), gegen die Schachweltmeister Garry Kasparow knapp 230 Jahre später verlor. Hier der spektakuläre Automat, der, augenscheinlich nur durch ein Federwerk angetrieben, die Spieler- Elite des Abendlandes samt einigen Prominenten vom Brett fegte, dort Deep Blue, ein Exponent der künstlichen Intelligenz, die naive Informatiker auf ihrem unaufhaltsamen Siegeszug wähnen. Es geht dem britischen Wissenschaftsjournalisten Tom Standage um mehr als nur die Geschichte unmenschlicher Schach-Partner, obgleich die abenteuerliche Biographie des ersten Schachautomaten im Mittelpunkt des Buches steht. Standage spannt den Bogen von der mechanistischen Weltsicht der späten Aufklärung über die magnetismussüchtige Romantik bis zur vorgeblich so abgeklärten Gegenwart. Der hölzerne Türke aber begegnet im Verlauf seiner 85-jährigen Karriere immer wieder bemerkenswerten Zeitgenossen, etwa Napoleon, Poe, Franklin und Babbage. Zuletzt enthüllt der Autor, was schon immer alle ahnten: Der Schachautomat lieh sich die Intelligenz von einem raffiniert gefalteten Untermieter aus Fleisch und Blut. Auch Deep Blue ist verdächtig voluminös geraten…
Hans Schmidt
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