Laut Stiglers Gesetz, das nach einem Statistiker benannt ist, wurde jedes Eponym zuvor schon einmal von einem inzwischen Vergessenen entdeckt. Die bekannten Namensgeber sind demnach oft nur durch Zeitströmungen, Machtverhältnisse, Intrigen und bizarre Verkettungen von Umständen zu ihrer terminologischen Unsterblichkeit gekommen.
Manche endeten selbst in den von ihnen beschriebenen Verrücktheiten oder begingen Selbstmord. Andere drifteten in absonderliche Forschungsfelder ab: So glaubte der viktorianische Epilepsie-Experte John Hughlings Jackson, dass die höheren Zentren des Gehirns die wilden Niederungen im Zaum halten genauso wie das britische Empire seine Kolonien. Und Korbinian Brodmann, der große Kartograph des Gehirns, bemühte sich, minutiös die Kleinheit des Gehirns von Primitiven nachzuweisen.
Viele der porträtierten Denker sind schweren Denkfehlern und Vorurteilen aufgesessen, was manchmal erschütterndes Leid für die Patienten nach sich zog. Das Buch ist auch eine Mahnung, die Wahrheiten der Psychiatrie und Hirnforschung mit einer gehörigen Prise Skepsis zu sehen.
Rolf Degen