Lone Frank entwaffnet den misstrauischen Leser, indem sie mit einem sehr persönlichen Gespräch ins Buch einsteigt. Lone, die Ich-Erzählerin, spricht mit einer jungen Ärztin, die eine Gen-Studie durchführt. Von Alkoholproblemen ist die Rede, von psychischen Krankheiten und von zwei Selbstmordversuchen. All das kam in Lones Familie vor, aber nun sind ihre Eltern tot. Und die Tochter steht vor großen Fragen: Woher komme ich? Wer bin ich? Werde ich sein wie meine Eltern? Wie werde ich sterben? Und wann? Die Gen-Studie und eine Batterie weiterer Tests und Fragebögen sollen ihr helfen.
Es wird eine spannende Reise durch Kliniken und Laboratorien auf der ganzen Welt. Unterwegs trifft Lone Frank die Avantgarde der Genforschung, darunter Berühmtheiten wie James D. Watson, der Mit-Entdecker der DNAStruktur. Die Journalistin fragt die Koryphäen aus, streitet mit ihnen. Sie interessiert sich nicht nur für die Möglichkeiten, sondern auch für die Grenzen der neuen Analyse-Methoden. Und sie stellt sich den Befunden im eigenen Genom trotz der Unsicherheiten.
Beruhigend für die Autorin: Obwohl ihre Mutter Brustkrebs hatte, finden sich keine erhöhten Risiken dafür in ihrem Genom. Auch Alzheimer droht ihr laut Gen-Befund nicht. Etwas besorgt ist sie dagegen über die Variante des sogenannten COMT-Gens, die sie geerbt hat. Es lässt Menschen zum Grübeln neigen und das kennt sie nur allzu gut. Aber Daniel Weinberger, Psychiater an den National Institutes of Health in Bethesda, Maryland, tröstet sie: In der Vergangenheit waren die Krieger wahrscheinlich viel besser in der Mammutjagd, und die Grübler saßen in den Höhlen und entdeckten das Feuer.
Judith Rauch