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1066 – Der Kampf um Englands Krone

Peltzer, Jörg

1066 – Der Kampf um Englands Krone

„1066 and all that“ ist in England sprichwörtlich: eines der wichtigsten Daten, die man im Geschichtsunterricht lernen muss, und das sich genau deshalb für Parodien und Scherze bestens eignet. Auch wenn „1066“ bei uns weniger geläufig ist, steht außer Zweifel, dass es sich um ein Schlüsseldatum europäischer Geschichte handelt. Die übernationale Bedeutung ist hier sogar besonders plastisch: Nach dem Tod Eduards des Bekenners griff zunächst ein angelsächsischer Magnat nach der englischen Königskrone (Harold Godwinson), dann schickte sich ein norwegischer König mit einer Flotte zur Invasion in Großbritannien an und ließ in einer Schlacht bei Stamford Bridge im Norden Englands sein Leben (Harald Hardrada). Schließlich kam vom Kontinent mit dem Normannen Wilhelm ein weiterer Anwärter mit einer Invasionsflotte im Süden an, der sich in der Schlacht von Hastings durchsetzte, um sich anschließend in Westminster zum König krönen zu lassen und in den folgenden Jahren einen großen Teil der Insel mit einer neuen Herrschaftsstruktur zu überziehen. Das alles umschreibt in der Tat eines der entscheidenden Dramen der englischen und europäischen Geschichte. Genau deshalb eignet sich eine historische Darstellung, die sich auf dieses Schlüsseljahr 1066 konzentriert, in besonderer Weise für eine Sondierung des Mittelalters.

Die Darstellung des Heidelberger Mediävisten Jörg Peltzer richtet sich zwar durch ihre Lesbarkeit an ein größeres Publikum, wird jedoch zugleich wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht. Von populären Wälzern, die das Interesse am „farbigen“ Mittelalter ausbeuten, unterscheidet sich dieses Buch schon durch die kritische Rekonstruktion, die eben nicht davon ausgeht, dass historische Fakten einfach bestehen, sondern zugleich darüber Rechenschaft ablegt, aus welchen Quellen sie sich herleiten lassen.

Deshalb gibt es schon zu Beginn Bemerkungen zur Quellenlage (etwa den verschiedenen Rezensionen der „Angelsächsischen Chroniken“, der zeitlichen Einordnung der altisländischen Sagas, den Kontroversen um den Teppich von Bayeux), aber auch in der Folge, etwa bei Einzelheiten der Schlachten und Legitimationsstrategien der Herrschenden, wird immer wieder auf die in vielen Fällen ja nicht eindeu‧tige Überlieferungslage aufmerksam gemacht. Damit wird der Text zwar oftmals erstaunlich komplex, doch kann man wohl von aufgeweckten Zeitgenossen, die beispielsweise Kriminalromane zum Vergnügen lesen, auch in dieser Beziehung eine gewisse intellektuelle Aufgeschlossenheit erwarten.

Und zu erzählen gibt es genug. Die Geschehnisse von 1066 sind prall von Anekdoten, Schwänken, Verbrechen und Taten aller Art. Vielleicht ist die Vorgeschichte zu ausführlich, zu detailreich, zu sehr mit Namen und Nebenfiguren angefüllt erzählt, aber damit bekommen die Ereignisse des Schlüsseljahres eine Tiefenperspektive. Hilfreich beim Zurechtfinden sind auch die Karten und Stammtafeln, an denen nicht gespart wurde.

Was vielleicht etwas zu kurz gekommen ist: die Perspektive der 950 Jahre seither; schließlich hat „1066“ in der Deutung seitdem eine wechselvolle Geschichte erfahren. Peltzers Werk endet, nachdem der Schlachtenlärm verklungen ist, mit den bleibenden Strukturen der Kirchen‧reform und den staunenswerten Kathedralen. Lesbar und lesenswert!

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Rezension: Prof. Dr. Michael Maurer

Peltzer, Jörg
1066 – Der Kampf um Englands Krone
Verlag C. H. Beck, München 2016, 434 Seiten, Buchpreis € 24,95
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