Rechtzeitig zum monumentalen Film über den 21jährigen Makedonen, der auszog, die Welt zu erobern, erscheint die deutsche Neuausgabe (Erstausgabe 1974) des voluminösen „Drehbuchs“ „Alexander der Große“ von Robin Lane Fox, das dem Regisseur Oliver Stone als „grundlegend“ galt und dessen Autor als Berater viele Wochen auf dem Set verbrachte. Die Übersetzung ist unter Mitwirkung Lane Fox’ trefflich überarbeitet, blumige Überschriften sind sachlichen Titeln gewichen, neu sind ein Vorwort des Autors, eine Zeittafel, eine genealogische Tafel der makedonischen Königsfamilie und eine fast vollständige Alexander-Bibliographie (wobei die Publikationen nach 1972 kaum merklich in Text und Anmerkungen Eingang gefunden haben – ebenso wie die berechtigten Kritikpunkte und Hinweise der damaligen Rezensenten auf handwerkliche und sachliche Fehler). In einem „Nachwort“ erörtert Wolfgang Will das fundamentale Problem, in der legendenüberwucherten Tradition den wahren Alexander zu finden. Wills Schluß, eine seriöse und gegen alle Einwände gefeite Alexander-Biographie sei auf einer einzigen Zeile unterzubringen, erstaunt doch nach 665 Seiten mitreißender Erzählung, die das Aufwachsen Alexanders in einem „homerischen“ Makedonien, seine Selbststilisierung als ein sogar noch Achill übertreffender Held, seine Taten als genialer Feldherr, der das Perserreich zerstört, sein Wirken als Entdecker, der bis zum Indus vordringt und schließlich als Gott verehrt wird (ohne es zu fordern), sowie den mysteriösen frühen Tod des Helden schildert. Der Satz erklärt aber auch, weshalb trotz weiterer 70 Seiten akribisch gesammelter Belege und engagiert formulierter Kommentare das Buch heute wie beim ersten Erscheinen sehr zwiespältig aufgenommen werden wird – teils als originellster Beitrag seit J. G. Droysens „Alexander“ (1833!), teils als gut erfundenes Historiengemälde. Die Quellenlage erlaubt es nämlich jedem, sich seinen eigenen Alexander zu formen. Doch von allen Alexandern, die seit dem Tod des Eroberers das Licht der Welt erblickt haben, ist dies der stürmischste und romantischste, der neugierigste und der farbigste – ein idealer Plot für einen Film.
Rezension: Eder, Walter