Das Ende kam schnell und blutig: Zar Nikolaus II. von Rußland, seit Monaten im Gewahrsam sowjetischer Revolutionstruppen in Jekaterinburg, wird mit seiner ganzen Familie in einen kleinen Raum geführt. Seine Kinder, darunter der 14jährige Thronfolger Alexej und seine deutschstämmige Frau, Zarin Alexandra, folgen ihm in das Zimmer, wo ihnen der örtliche Befehlshaber ihr Todesurteil verliest. Der Familie bleibt kaum Zeit zu reagieren – ein Exekutionskommando, das inzwischen hereingerufen wurde, vollstreckt das Urteil umgehend.
Das gewaltsame Ende der Romanows läßt die Zarenfamilie heute als Märtyrer wirken, dabei verschloß Nikolaus’ Dynastie von Beginn an die Augen vor den Schatten der nahenden Revolution. Die neue Biographie von Carolly Erickson beschreibt nun den Lebensweg der letzten russischen Zarin Alexandra, die 1872 als Alix von Hessen-Darmstadt 1872 geboren wurde. Detailliert und lebendig berichtet die Autorin von Kindheit und Jugend der Prinzessin und zeichnet ihren Werdegang als Zarin nach, der von vielen nationalen und persönlichen Krisen gekennzeichnet ist. Leider verschwimmen dabei gelegentlich die Grenzen zwischen historischer Überlieferung und romanhafter Ausschmückung, so zum Beispiel bei der zarten Liaison zwischen der jungen Alix und dem Zarewitsch „Nicky“. Insgesamt aber gelingt der Autorin eine differenzierte Betrachtung einer tragischen Figur der russischen Geschichte, die in dem Riesenreich nie ganz heimisch wurde.
Rezension: Böhles, Marcel