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Augustus – Aufrührer – Herrscher – Heiland

Dahlheim, Werner

Augustus – Aufrührer – Herrscher – Heiland

Auch große Geister liegen bisweilen daneben. So urteilte einst Theodor Mommsen im Hörsaal über Augustus: Von Haus aus fehle ihm jede Initiative, schon zu Beginn seiner Politik, die zuletzt immer mehr in Quietismus und Greisenhaftigkeit ausgeartet sei. Wenn dies und der anschließende Vergleich des Werks des Augustus mit Metternichs Ordnung noch diskutabel wären – Werner Dahlheims Biographie müsste als brillante Widerlegung gelesen werden.

Gewiss, auch der Berliner Althistoriker, seit Jahrzehnten eine der besten Federn unter Klios Dienern, vermerkt die erstaunliche Konstanz der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im langen Jahrhundert zwischen Caesars Geburt und dem Tod des Adoptivsohns. Ruhm und Geld sicherten der Elite soziale Überlegenheit und bedingten zugleich unabweisbare Verpflichtungen. Und auch in den folgenden Jahrhunderten mussten die Menschen im Römischen Reich keine völlig neue Lebensform entdecken.

Eine andere Kontinuität ist dagegen als Resultat von heftigen Erschütterungen, Glück und formendem Willen anzusprechen: Das römische Herrschaftsgebiet blieb als Einheit erhalten, mit Italien als Zentrum, einem griechischen Osten und nur einem Randsaum der unendlichen Weiten des Orients. Ja, es wurde erst durch Augustus zu einem Reich geformt und durch Expansion im Norden gegen die labileren Verhältnisse im Barbaricum abgegrenzt.

Über Augustus hat sich in Forschungen und Biographien so etwas wie ein wissenschaftlicher Konsens herausgebildet. Dahlheim klammert deshalb die strittigen Fragen aus, bietet eine durchaus konventionelle Gliederung und vermeidet eine verfremdende Intellektualisierung. Der Autor betreibt eine Anverwandlung durch Begriffe ganz im Stil Mommsens; so ist von „Soldatenräten“ die Rede, von Agrippa als erstem „Seelord“ oder der „Großen Armee“ des Parther-Feldzugs. Dennoch, es wird deutlich, wie eigenartig, ja kalt diese römische Welt der Adligen und Legionäre war und wie Siege, Beute und der sich aus beidem speisende Ehrgeiz die aristokratische Republik zerstörten.

Dahlheim folgt der gängigen Evolution: Der junge Caesar (nach der Adoption durch Caesar nahm Augustus dessen Namen an) ist Aufrührer und Terrorist „mit höllischer Präzision“, doch gelingt es ihm, seine nach dem Bürgerkrieg gewaltige, gleichwohl nicht ungefährdete Macht in anerkannte Herrschaft zu verwandeln, um am Ende mit Geschick und Glück, durch Inszenierungen gezielt befördert, doch ohne Anker in der Wirklichkeit undenkbar, für das Reich zum Heiland zu werden. „In einer Mischung aus Glauben und Zuversicht zweifelten immer weniger Menschen daran, dass er den Frieden und das allgemeine Glück für immer auf die Erde zurückgebracht hatte … Dieses Maß an Zustimmung beantwortet auch die Frage nach der Legitimität der Herrschaft des Augustus.“

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Dessen Bemühungen, die Geschichte Roms und des Erdkreises zur Heilsgeschichte zu erhöhen, spiegelt Dahlheim in der christlichen Geschichtsdeutung, die Augustus einen wichtigen Platz zuwies: Die Gnade, Zeitgenosse Jesu gewesen zu sein, konnte zum Zeichen der Erwählung durch einen anderen, dem Kaiser fremden Gott werden.

Auch wer bisweilen mit dem Autor streiten möchte, etwa wegen allzu abschätzigen Redens über die Soldaten und die kleinen Leute, legt doch dieses glänzend geschriebene und mit meist wenig bekannten Bildzeugnissen der Rezeptionsgeschichte illustrierte Buch reich belehrt und dankbar aus der Hand.

Rezension: Prof. Dr. Uwe Walter

Dahlheim, Werner
Augustus – Aufrührer – Herrscher – Heiland
Verlag C. H. Beck, München 2010, 448 Seiten, Buchpreis € 26,95
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