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China – Eine Entdeckungsreise vom Altertum bis ins 20. Jahrhundert

Guadalupi, Gianni

China – Eine Entdeckungsreise vom Altertum bis ins 20. Jahrhundert

In diesem prächtigen Bildband nimmt der Schriftsteller und Übersetzer Gianni Guadalupi die Leser mit auf eine faszinierende Reise durch die Jahrhunderte: Sie hat die Begegnung des Abendlands mit dem chinesischen Reich zum Ziel. Dazu verwendet er zeitgenössische Stiche, Zeichnungen und Malerei im chinesischen Stil und kombiniert diese mit Texten aus der europäischen und chinesischen Reiseliteratur. Guadalupi beschreibt so die Enthüllung des „Himmlischen Reiches“ (so bezeichnet der italienische Ori?ginaltitel den Kontakt des Westens mit China) als eine Kette von Versehen und Mißverständnissen, von Kommunikationsproblemen und von positiven wie auch negativen Übertreibungen. Handelsinteressen und religiöser Eifer bildeten jahrhundertelang die Motive der Begegnungen zwischen dem Okzident und dem Reich der Mitte. Zur Zeit Alexanders des Großen trafen erstmals Kaufleute der Kulturen des Mittelmeeres, Indiens und Chinas in Zentralasien aufeinander. Muslimische Händler dienten jahrhundertelang als Vermittler zwischen Ost und West. Dennoch blieben die Beschreibungen des anderen noch bis ins 12. Jahrhundert legendenhaft. Die päpstliche Mönchsdiplomatie im mongolischen Weltreich des 13. und 14. Jahrhunderts ermöglichte erstmals europäische Einblicke in die Herrschaftspraxis an chinesischen Kaiserhöfen. Die Mönche schmückten ihre Reise?berichte allerdings mit Gerüchten und Anekdoten aus. Selbst die Erinnerungen des berühmten Kaufmannssohns Marco Polo, der Ende des 13. Jahrhunderts mehrere Jahre in kaiserlichen Diensten stand, stellen eine Mischung aus praktischem Leitfaden für Händler und Geschichtenerzählung dar. Sein arabisches Pendant, der Marokkaner Ibn Battuta, der als Gesandter des Sultans von Delhi um 1340 nach China reiste, teilte Marco Polos Bewunderung für das kultivierteste Land der damaligen Welt. Guadalupi beharrt zwar auf den negativen Stereotypen „entfesselter Mongolenhorden“ und „grausamer Invasoren“, doch die europäischen Berichte aus der Mongolenzeit vermitteln auch das Bild einer offenen, interessierten Begegnung zwischen den Vertretern beider Kulturkreise. Eine neue Phase begann im 16. Jahrhundert. Weiterhin dominierten Handel und Religion in Gestalt der Handelsvertreter der frühen europäischen Imperialmächte und der Repräsentanten der Jesuitenmission. Gelang es der kaiser?lichen Regierung bis Mitte des 19. Jahrhunderts, die fremden Kaufleute an den maritimen Grenzen ihres Reiches zu halten, so drangen die Jesuiten ins chinesische Machtzentrum vor und stellten ihr Gelehrtenwissen dem Kaiserhof zur Verfügung. Obwohl die Kennt?nisse voneinander im 17. und 18. Jahrhundert zunahmen, blieben die Trugbilder bestehen, urteilt Guadalupi. Weder stimmte der in Europa präsentierte philosophische Musterstaat mit der Wirklichkeit des chinesischen Imperialreiches überein, noch konnten die Jesuiten umgekehrt den Chinesen Europa begreiflich machen. Sämtliche diplomatischen Missionen scheiterten am chinesischen Ritual. Nur Rußland gelang als kontinentalem Nachbarn eine vertragliche Einigung. Im Zeitalter von Industrialisierung und Imperialismus schlug die China-Bewunde?rung um in Verachtung. Mit Waffengewalt wurde China seit 1840 westlichen Einflüssen geöffnet. Eine Begegnung, die über Jahrhunderte hinweg von einzelnen reisenden Kaufleuten, Mönchen und Gesandten getragen worden war und deren schriftliche Zeugnisse ungeachtet ihrer Fehldeutungen auch Denken und Kultur in Europa angeregt hatten, wandelte sich zur Konfronta?tion. China verlor Kriege, Ter?ritorien, Kulturgüter und unzählige Menschenleben. Am Ende dieser brutalen Übermächtigung stand der Untergang des chinesischen Kaisertums. Guadalupis Endstation auf seiner Reise bildet die Flucht des letzten chinesischen Kaisers vor den republikanischen Truppen in die japanische Gesandtschaft im Jahr 1924. Er war seinem eigenen Volk fremd geworden. Dieser Band fasziniert vor allem durch seine Bilder und durch die umfangreichen Quellenzitate, in denen viele Reisende zu Wort kommen und den roten Faden der Begegnungsgeschichte weiterführen. Allerdings verläßt sich der Autor zu sehr auf seine Zeitzeugen. So muß der Leser der Darstellung über ein fundiertes historisches Hintergrundwissen verfügen, um nicht auf die Fehlinterpretationen der Reisenden hereinzu?fallen. Fremdwahrnehmung und historische Realität verwischen an vielen Stellen allzu sehr. Mit der notwendigen kritischen Distanz gelesen, ist diese Entdeckungsreise freilich ein Genuß.

Rezension: Dabringhaus, Sabine

Guadalupi, Gianni
China – Eine Entdeckungsreise vom Altertum bis ins 20. Jahrhundert
Frederking & Thaler, München 2003, 336 Seiten, Buchpreis € 60,00
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