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Cromwell – der Erzschurke?

Dieter Berg

Cromwell – der Erzschurke?

dam0120bue07_KLEIN.jpgIn der Geschichte Großbritanniens gibt es nur wenige Politiker, über deren Handlungsmotive und Lebenswerk seit Jahren, ja seit Jahrhunderten intensiv diskutiert und gestritten wird. Oliver Cromwell, der Landedelmann aus der Grafschaft Cambridge-shire, ist einer von ihnen. Der allmächtige „Lord Protector“, der von 1653 bis zu seinem Tod 1658 an der Spitze der von ihm geschaffenen republikanischen Diktatur in Großbritannien stand, wurde von den Herrschern der restaurierten Stuart-Dynastie und ihren publizistischen Gefolgsleuten nach der Thronbesteigung Karls II. 1660 geschmäht: als Königsmörder, als Schlächter wehrloser Zivilisten in Irland, als Erzschurke.

Aber im Lauf der Jahre fielen die Urteile milder und differenzierter aus. Vor allem liberale Historiker des 19. Jahrhunderts revidierten das überlieferte Bild Cromwells in der öffentlichen Wahrnehmung. Das wird in Bergs souveräner Darstellung der Cromwell-Zeit anschaulich aufgezeigt. Dabei sucht der Autor nach Erklärungen dafür, warum ausgerechnet diese blutige und brutale Epoche der britischen Geschichte, die im Allgemeinen mit dem Etikett des englischen Bürgerkriegs versehen wird, heute häufig zum Hintergrund für Romane und Filme geworden ist. Ist es die Faszination ungezügelter Gewalt in Politik und Kriegführung, die mit dieser Zeit verbunden wird?

Indem Berg seine Biographie Cromwells in ein breites Panorama der Zeit einbettet, wird deutlich, dass es auf dem europäischen Kontinent damals kaum weniger gewalttätig zuging als im Großbritannien des Bürgerkriegs zwischen Royalisten und Republikanern. Dem englischen „Lord Protector“, der sich selbst als „Werkzeug des Herrn“ begriff, bescheinigt er sogar Absichten, die ihn gerade auf dem Feld der Außenpolitik als europäischen Staatsmann erscheinen lassen, dem es um einen friedlichen Ausgleich kontroverser Interessen zwischen rivalisierenden Staaten ging. Auch im Hinblick auf seine innenpolitischen, manchmal bizarren Reformansätze sei Cromwell seiner Zeit weit voraus gewesen.

Bergs Studie ist außerordentlich gründlich recherchiert. Zugleich ist sie ungewöhnlich detailreich, so dass man beim Lesen oft Mühe hat, dem ausgebreiteten historischen Geschehen und der Argumentation des Autors zu folgen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass seine Sprache merkwürdig spröde und wenig flexibel ist. Der Glanz angelsächsischer wissenschaftlicher Prosa war ihm leider kein Vorbild. Aber dessen ungeachtet ist Bergs Werk im deutschsprachigen Raum derzeit konkurrenzlos.

Rezension: Prof. Dr. Peter Alter

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Dieter Berg
Oliver Cromwell
England und Europa im 17. Jahrhundert
Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2019, 243 Seiten, € 36,–

 

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Esels|haupt  〈n. 12u; Mar.〉 brillenartiges Verbindungsstück zw. Mast u. Stange

♦ An|dro|ste|ron  auch:  An|dros|te|ron  〈n.; –s; unz.; Biol.〉 Abbauprodukt des Testosterons mit einer schwach androgenen Wirkung … mehr

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