Man kann nur bemerken, dass etwas verschwunden ist, wenn man vorher bemerkt hat, dass etwas da war. Zum Beispiel Schmetterlinge. Josef Reichholf ist prädestiniert dafür, das Verschwinden der Schmetterlinge nicht nur zu bemerken, sondern es einzuordnen und den Ursachen nachzugehen. Und er ist in der Lage zu differenzieren. Aber der Reihe nach: In seinem Buch entführt er den Leser in die faszinierende Welt der Schmetterlinge. Im ersten Teil geht es um die Lebensvielfalt der Tiere. Er lässt sich über die Schulter schauen, wie er bereits in jungen Jahren Arten gefunden und beobachtet hat. Wie etwa ein Totenkopfschwärmer, dessen Puppe er von einem Kartoffelfeld hatte, schlüpft, sich entfaltet – und dann die Katze erschreckt. Reichholfs jugendliches Interesse wurde zur Leidenschaft, später zur Profession. Er nimmt uns mit zu Wasserschmetterlingen und Nachtfaltern.
Aber er zeigt auch, dass die Welt der Schmetterlinge im Schwinden begriffen ist. Im zweiten Teil des Buches geht Reichholf dieser Beobachtung nach. Es ist die große Stärke des Autors und damit des Buches, dass er nicht nur anekdotenreich erzählen kann, sondern Belege für seine Aussagen aus eigener Forschertätigkeit liefert. Und so wird aus kurzweiliger Lektüre ein erschreckendes Manifest für ein Umdenken in Stadt und Land. Es sei denn, Schmetterlinge lassen einen gänzlich kalt.
Josef H. Reichholf
Schmetterlinge
Warum sie verschwinden und was das für uns bedeutet
Hanser. 288 Seiten, 24 €