1,3 Millionen Fotos, Negative und Dias sowie 3750 Filme gehören zur Erbmasse des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Die Fotokamera galt als wichtige Waffe im Kampf gegen den Feind. Zur professionellen Beobachtung des Gegners gehörte von Anfang an die visuelle Dokumentation.
Die Bildermacher der Stasi stützten sich in den 50er Jahren zunächst auf traditionell kriminalpolizeiliche Methoden. Die Geschichte der Geheim?fotografie begann aber erst seit Mitte der 60er Jahre, als die ersten Tarnkameras getestet wurden. Seit den 70er Jahren entwickelte sich die verdeckte Fotografie zum zentralen Medium der Späher, später um Film und Video erweitert.
Anhand von kommentierten Beispielen führt uns die Autorin Karin Hartewig in ihrem Buch „Das Auge der Partei“ in „Welt-Sichten“ der Staatssicherheit ein. Die Bilder unternahmen den Versuch, die prekären De-Markationslinien zwischen Gut und Böse zu überwachen und damit gleichzeitig zu definieren: Keine Überraschungen enthüllen die Bilddokumente von der Staatsgrenze (West), von ausländischen Missionen und von westdeutschen Journalisten sowie von den „inneren Feinden“. Die beiden Schlußkapitel werfen Schlaglichter auf die „Selbst-Bilder“ des DDR-Geheimdienstes. Die Kundschafter präsentierten sich überraschend nicht bei der Arbeit, als Werktätige, son?dern in der Freizeit. In den späten 80er Jahren versuchte das MfS, sein Erscheinungsbild aufzupolieren: Im Rahmen einer offen?siven Öffentlichkeitsarbeit wurden sogar die runden „Geburtstage“ des Dienstes mit Fernsehshows gefeiert.
Die Geschichte des „Auges“ der Staatssicherheit regt dazu an, allmählich zu einer vergleichenden Geschichte der Wahrnehmung von Wirklichkeit in den sozialistischen Gesellschaften vorzudringen.
Rezension: Gries, Rainer
