Als die deutschen Auswanderer sich seit dem letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts auf die Reise in die „Neue Welt“ begaben, waren die Umstände, die sie auf den zunächst gängigen Segelschiffen vorfanden, alles andere als angenehm: Dicht gedrängt auf engstem Raum, gegen schlechte Hygiene und Krankheiten ankämpfend, mussten sie um die 40 bis 70 Tage – in einigen Fällen sogar um die 100 Tage – auf hoher See ausharren. Erst mit dem Aufkommen der Dampfschiffe seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Überfahrt auf nur wenige Tage verkürzt und aufgrund neuer Regelungen – etwa bezüglich der Unterbringung – stellenweise erleichtert.
Dementsprechend verhielt es sich mit der Verpflegung auf den Segel- bzw. Dampfschiffen: Obwohl man sich stets darum bemühte, nahrhafte (wie schmackhafte) Gerichte zu bereiten, damit die Reisenden bis zum Eintreffen in der neuen Heimat bei Kräften blieben, war die Kost zunächst angesichts der schwierigen Konservierungsmöglichkeiten durch Eintönigkeit geprägt. Im Laufe der Zeit weitete sich das Essensangebot jedoch kontinuierlich aus, zumal technische Entwicklungen neue Möglichkeiten der Konservierung und der Lagerung von Lebensmitteln schufen.
Die Speisen, die auf den Auswandererschiffen zubereitet wurden, hat Bettina Meister jahrelang recherchiert und in ihrem „Auswanderer Kochbuch“ zusammengetragen. In eine leicht verständliche Sprache verpackt und teilweise mit Entstehungsbildern sowie Variationstipps versehen, stellt Bettina Meister diverse Rezepte vor, die mühelos selbst nachgekocht werden können. Sie reichen von Fleisch- über Fischgerichte, Vor- und Nachspeisen bis zu internationalen Gerichten.
Weil die Rezepte an die heutige Technologie angepasst sind, also an den Backofen- bzw. Herdgebrauch, entspricht ihre Zubereitung nicht den damaligen Verhältnissen; auch werden auf den Schiffen für die Anfertigung der Speisen nicht alle in den Rezepten erwähnten Zutaten zur Verfügung gestanden haben. Deshalb müssen Abstriche bei der historischen Genauigkeit gemacht werden. Nichtsdestoweniger werden die Rezepte ansprechend präsentiert, wodurch sie förmlich zum Nachkochen einladen.
Ergänzt werden diese durch historische Hintergründe über die Zustände, mit denen die deutschen Auswanderer vor, während (und nach) ihrer Reise in die Neue Welt konfrontiert wurden. Zitate von Zeitzeugenberichten veranschaulichen die Beschreibungen.
Rezension: Irina Fink
