Bücher zu den Jahren der Wende und der Einheit 1989/90 haben seit geraumer Zeit Hochkonjunktur: Immer häufiger wollen mehr oder weniger in den Einheitsprozeß involvierte Politiker mit ihren Memoiren ihre herausragende Beteiligung am Geschehen herausstellen oder aber kaschieren. Da tut es gut, daß nun das Buch eines Autors erschienen ist, der den Einigungsprozeß zwar „nur“ im Hintergrund mitgestaltet hat, aber umso intimere Einblicke liefern kann.
Claus J. Duisberg – damals Leiter des „Arbeitsstabes Deutschlandpolitik“ im Bundeskanzleramt – war intensiv an den innerdeutschen Verhandlungen beteiligt und schildert im nüchtern-sachlichen Stil des Ministerialbeamten die Chronik der Wende von den Flüchtlingswellen im Spätsommer 1989 bis zur ersten gesamtdeutschen Wahl im Dezember 1990. Zwar tritt gelegentlich seine parteipolitische Einstellung recht deutlich hervor, jedoch erfährt man durch ihn möglicherweise doch einiges mehr als bei so mancher einstigen Bonner Politgröße. Was sein ansonsten empfehlenswertes Buch an einigen Stellen etwas eintrübt, ist die manchmal allzu geschäftsmäßig geschilderte „Abwicklung“ der DDR, welche die Einzelschicksale nicht näher berücksichtigt.
Rezension: Böhles, Marcel