Auf dem Forum Romanum liefen die Kommunikationsstränge eines Weltreichs zusammen. Es war, der Grundbedeutung des Wortes nach, ein Marktplatz, für Waren wie für Informationen, Ort von Gerichtsverhandlungen, Volksversammlungen und Senatssitzungen. Wenn das nahe Forum Boarium der Magen der Metropole Rom war, so war das Forum Romanum ihr Gehirn und Herz in einem, wenigstens in der Römischen Republik mit ihrer turbulenten, an Wechselfällen so reichen Geschichte. Nichts liegt also vorderhand näher, als eine Geschichte des Forums zu schreiben, nicht aus archäologischer Sicht, sondern mit dem geschulten Blick des Historikers für das, was hinter den Bauten steht: das Leben und Handeln von Generationen von Menschen, ihr Alltag, ihre Ideen, ihre Wünsche. Theodor Kissel hat sich der Aufgabe angenommen und begleitet den Leser auf einer kulturge?schichtlichen Tour de force über das Forum. Sein durchaus gelungenes Kabinettstück berichtet von vestali?schen Jungfrauen und Prostituierten, Senatoren und Tagelöhnern, Triumphatoren und Kriegsge?fangenen, deren Lebensbahnen und tägliche Verrichtungen sich auf dem Forum kreuzten. Kissels historischer Cicerone könnte, in der Hand des Rom-Reisenden und Geschichtsinteressierten, rundum vergnüglicher Lesestoff sein, wäre er nicht offenkundig mit der heißen Nadel genäht. Kissel will originell, auch schnoddrig erzählen, sein Text aber treibt allzu häufig kuriose Stilblüten. Druckfehler treten in penetranter Dichte auf, auch bei lateinischen Ausdrücken, hin und wieder ist das Buch nicht auf der Höhe der Forschung – alles in allem nichts, was sich nicht in einer zweiten Auflage ausbügeln ließe, die Kissels Buch unbedingt verdient.
Rezension: Leppin, Hartmut