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De Gaulle und die Größe Frankreichs

Johannes Willms

De Gaulle und die Größe Frankreichs

dam0120bue09.jpgKeine andere Gestalt des französischen 20. Jahrhunderts hat eine so vielfältig prägende politische Wirkung ausgeübt wie Charles de Gaulle. Er war Führer des Widerstands gegen die deutsche Besatzung, Befreier nach der alliierten Invasion 1944/45, Chef der ersten Nachkriegsregierung, unnachsichtiger Opponent gegen die Parteiendemokratie zwischen 1946 und 1958 sowie Schöpfer des bis heute gültigen Präsidialsystems der Fünften Republik.

Er war ein Mann mancher Widersprüche: De Gaulle blockierte zwar das Fortschreiten der europäischen Integration und stemmte sich gegen den britischen Beitritt zur EWG (Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft), schloss aber mit Konrad Adenauer 1963 den Élysée-Vertrag, der die deutsch-französischen Beziehungen auf neue Fundamente stellte. Zeitlebens kämpfte er für die Größe Frankreichs, sah aber, anders als viele seiner Zeitgenossen, die Kolonialherrschaft über Algerien als ein unzeitgemäßes Hemmnis an und trieb die Selbstbestimmung des nordafrikanischen Territoriums voran.

Kein Wunder also, dass „le Général“, wie man ihn in Frankreich gern nennt, die Historiker wie kaum eine andere Figur der französischen Geschichte fasziniert hat. Auf dem deutschen Buchmarkt existieren bereits einige Werke zum Wirken des ersten Präsidenten der Fünften Republik, zuletzt 2016 aus der Feder des ausgewiesenen Frankreich-Kenners Wilfried Loth.

Nun hat Johannes Willms eine weitere, umfangreiche und schön bebilderte De-Gaulle-Biographie vorgelegt. Dass sich der Autor dieser Aufgabe mit Bravour entledigen würde, war zu erwarten, denn er ist nicht nur durch zahlreiche Publikationen zur französischen Geschichte und Kultur hervorgetreten, sondern kennt als ehemaliger Paris-Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“ das politische Frankreich aus nächster Nähe.

So geht es ihm auch immer darum, dem Leser die langfristige Nachwirkung de Gaulles im heutigen Frankreich deutlich zu machen. Sein Urteil fällt dabei weitgehend kritisch aus: Der General hielt an antiquierten Idealen wie der „Größe“ Frankreichs fest und tat sich schwer damit, die Schwächung der europäischen Nationalstaaten in der von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägten Welt der Gegenwart zu akzeptieren. Außerdem trägt die Fünfte Republik mit der starken Stellung des Staatspräsidenten, wie er sie prägte, autoritäre Züge, die sich heute als „strukturelle Schwäche“ erweisen. So legt die Biographie von Willms den Eindruck eines Scheiterns nahe, wenn man die historische Leistung de Gaulles an seinen selbstgesetzten Ansprüchen misst.

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Rezension: Dr. Matthias Waechter

Johannes Willms
Der General
Charles de Gaulle und sein Jahrhundert
Biographie. Verlag C. H. Beck, München 2019, 640 Seiten, € 32,–

 

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